Diagnosegeleitetes Förderprogramm für die Primarstufe „Mathe macht stark“

Gravierende Schwierigkeiten im Rechenlernprozess lassen sich in der Regel auf eine unzureichende Zahlvorstellung, fehlendes Operationsverständnis oder ein mangelndes Stellenwertverständnis zurückführen, Bereiche, die substanziell sind für die Entwicklung mathematischer Kompetenzen. Genau hier setzt das Programm „Mathe macht stark“ an, das vom IQSH unter wissenschaftlicher Begleitung des IPN in Schleswig-Holstein entwickelt wurde, um Lehrkräfte darin zu unterstützen, rechenschwache Schülerinnen und Schüler frühzeitig zu identifizieren, zu unterstützen und zu fördern. Evaluationsergebnisse aus dem Jahr 2015 in Schleswig-Holstein belegen, dass sich durch die Arbeit mit „Mathe macht stark“ deutliche Effekte in dem Bereich des arithmetischen Wissens nachweisen lassen.

Rheinland-Pfalz stellt daher seit dem Schuljahr 2018/2019 allen ersten und dritten Schuljahren dieses bewährte und wissenschaftlich evaluierte Diagnose- und Förderprogramm kostenlos zur Verfügung, das aus Schülerheften mit den Arbeitsaufgaben für die Schülerinnen und Schüler, Lehrerheften mit didaktischen Anleitungen, Durchführungsanweisungen sowie Beobachtungshinweisen und Förderkarteien besteht. Im Schuljahr 2022/2023 waren es circa 150 Grundschulen im Land, die davon Gebrauch machten. Die Rückmeldungen der teilnehmenden Lehrkräfte belegen, dass auch sie durch die Schärfung ihrer diagnostischen Kompetenz für die Stolperstellen im Lernprozess von der Arbeit mit „Mathe macht stark“ profitieren. Daneben sind es aber natürlich in erster Linie die Schülerinnen und Schüler, die durch die frühe Identifizierung von Schwierigkeiten und eine passgenaue Förderung gewinnen, da so einer Manifestierung ihrer Schwierigkeiten schon im Anfangsstadium entgegengewirkt wird.

Dazu werden drei- bis viermal jährlich die mathematischen Kompetenzen aller Schülerinnen und Schüler in einem Screening-Verfahren in den Blick genommen. Mit Kindern, die hierbei auffallen, wird in strukturierten Gesprächen nach den Ursachen geforscht. Die im Material enthaltenen Förderimpulse können in einem nächsten Schritt zur individuellen Förderung genutzt werden, was letztendlich unter anderem auch zu einer Entlastung der Lehrkräfte führt. Begleitet und unterstützt wurden die Schulen dabei von Anfang an durch das Primarstufenreferat des Pädagogische Landesinstituts, das für die Schulen Fortbildungsreihen anbietet und durchführt.

Die Ständige Wissenschaftliche Konferenz der Kommission der Kultusministerkonferenz weist in ihrem Gutachten auf die Bedeutung regelmäßiger Lernstandserhebungen mit entsprechenden individuellen Fördermaßnahmen für eine Verbesserung der Leistungen hin. Mit dem 9-Punkte-Programm des Ministeriums für Bildung in Rheinland-Pfalz zur Stärkung der Basiskompetenzen greift Rheinland-Pfalz diese Empfehlung auf. Ab dem Schuljahr 2024/2025 soll über den flächendeckenden Einsatz von „Mathe macht stark“ der Erwerb mathematischer Grundkompetenzen in allen Grundschulen des Landes unterstützt werden.

Bereits am Ende der Sommerferien 2023 erhielten dazu alle Grundschulen die Schüler- und Lehrerhefte für die ersten und dritten Klassen sowie die Förderkarteien. Um die Schulen mit dem Einsatz des Materials vertraut zu machen, wurden vier Module entwickelt, die die teilnehmenden Lehrkräfte zum Erfahrungsaustausch und zur Reflexion anregen sollen, darüber hinaus aber auch Impulse vermitteln zu den Schwerpunkten Zahlerwerb/Zahlaufbau und Operationsverständnis, Rechenverfahren und Rechenstrategien. Daneben spielt die Diagnose sowie die Sprachförderung im Mathematikunterricht eine große Rolle.

Auf dem Schulcampus wurde eine Plattform mit vielfältigen Materialien eingerichtet, die die an den Fortbildungen des PL teilnehmenden Lehrkräfte zur Implementierung des Programms im Kollegium nutzen können. Darüber hinaus wurde ein virtuelles Klassenzimmer zur Förderung mathematischer Basiskompetenzen entwickelt.

Steckbrief

Autorinnen und Autoren
  • Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein in Kooperation mit dem Cornelsen-Verlag
  • Wissenschaftliche Begleitung durch Karin Rogalski (IQSH) und Prof. Dr. Aiso Heinze (IPN)
Fach und erfasste Teilfertigkeiten
  • Inhaltsbereiche Zahlen und Operationen, Aufbau von Grundvorstellungen, Rechenstrategien
  • Prozessbezogene Kompetenzen: Kommunizieren und Argumentieren
Verfahren

Gruppentest (Klassenaufgabe) und ggf. Einzeltestung

Empfohlener Testzeitraum

Die prozessorientierte Diagnostik sieht vier Testdurchführungen in Klassenstufe 1 vor, drei Testdurchführungen in Klassenstufe 2, vier in Klassenstufe 3 und drei in Klassenstufe 4.

Bearbeitungszeit

Für die Durchführung der Klassenaufgaben ist mit jeweils ca. 10 bis 15 Minuten zu rechnen, für die Durchführung der mathematischen Interviews werden ca. 5 bis 10 Minuten pro Kind benötigt.

Umsetzung

Alle Schülerinnen und Schüler bearbeiten über das Schuljahr verteilt und an dem jeweils gültigen Arbeitsplan orientiert aus dem Schülerheft Aufgaben, die als Screening für die gesamte Lerngruppe genutzt werden. Dieses Verfahren dient der Identifizierung von Kindern mit Auffälligkeiten.

Mit ausgewählten Kindern werden in einem zweiten Schritt mathematische Interviews zur Identifizierung der genauen Entwicklungsstände durchgeführt.

Basierend auf den diagnostischen Ergebnissen werden dem Programm passgenaue Förderimpulse entnommen und im Unterricht oder in der Förderung umgesetzt.

Kosten/Verfügbarkeit

Für die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler bzw. die Schulen fallen keine Kosten an. Das Material wird kostenfrei vom Land zur Verfügung gestellt. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an christine.holder(at)pl.rlp.de.

Anmerkungen und Zugang

Das Programm ist lehrwerksunabhängig und unabhängig von Arbeitsplänen einzusetzen. Es ist abgestimmt auf die Bildungsstandards bzw. den Rahmenplan Mathematik.