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Expertenkommission legt Empfehlungen zur Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen im Land vor

Der demografische Wandel mit deutlich sinkenden Schülerzahlen einerseits und der steigende Bedarf der Wirtschaft an gut qualifiziertem Nachwuchs andererseits machen insbesondere im Bereich der berufsbildenden Schulen (BBS) eine strukturelle Weiterentwicklung erforderlich. Vor diesem Hintergrund hatte Bildungsministerin Doris Ahnen Mitte 2012 eine Expertengruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft, der Lehrerverbände und -gewerkschaften, der BBS-Schulleitungen und des Landeselternbeirats unter wissenschaftlicher Beratung durch Prof. Dr. Josef Rützel von der Technischen Universität Darmstadt eingesetzt. Konzentriert auf 12 zentrale Punkte hat das Gremium jetzt seine Empfehlungen zur Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen in den kommenden zehn Jahren vorgelegt.

„Ich möchte mich ganz ausdrücklich bei allen Mitgliedern der Expertengruppe für ihr Engagement und die konstruktiven Beiträge bedanken. Mit diesen Empfehlungen, die von direkt am beruflichen Bildungssystem Beteiligten erarbeitet wurden, haben wir eine sehr gute Basis für politische Entscheidungen in den kommenden Jahren, die eine zukunftsfeste Weiterentwicklung des Bildungsangebots in den berufsbildenden Schulen insbesondere zur Stärkung der dualen Berufsausbildung in der Region ermöglichen und unterstützen“, unterstrich Bildungsministerin Doris Ahnen.

Die Handwerks- sowie die Industrie-und Handelskammern und die Landesvereinigung der Unternehmerverbände (LVU) bezeichneten ihre Mitwirkung an der Entwicklung der Empfehlungen als „ein zentrales Anliegen“, weil der wichtige Partner Berufsschule im dualen Ausbildungssystem die besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung der Wirtschaft genieße. „Erfreulich ist, dass nicht nur allgemeine Empfehlungen ausgesprochen, sondern in vielen der 12 Punkte wichtige Anliegen auch mit Messgrößen versehen wurden. Damit hat das Bildungsministerium sehr konkrete Ansatzpunkte, die zu einer strukturellen Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen führen können“, formulierten die Wirtschaftsvertreter. Das zwischen allen relevanten Gruppierungen abgestimmte Papier solle zudem zukünftig als Leitlinie für die bildungspolitische Arbeit der IHKs und HWKs dienen.

Auch die beteiligten Lehrerverbände (vlbs und vlw) sowie die Bildungsgewerkschaft GEW sehen „einen hohen politischen Stellenwert“ darin, dass es trotz teilweise unterschiedlicher Positionen in der Expertengruppe gemeinsam gelungen sei, angemessene Zukunftsperspektiven für die Fortentwicklung der berufsbildenden Schulen zu erarbeiten. „Das 12-Punkte-Programm erhöht die Chancen, unsere Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern, um sie für Beruf und Studium wohnortnah und zukunftsorientiert zu qualifizieren. Gleichzeitig bietet es auch die Möglichkeit, das an den Schulen vorhandene Kreativitätspotential zu erhalten und zu stärken“, so die Bewertung der Lehrerorganisationen, die bei der Umsetzung der Empfehlungen auch die Bereitstellung entsprechender Ressourcen erwarten.

Der Sprecher des Landeselternbeirats (LEB) Rheinland-Pfalz, Dr. Thorsten Ralle, betonte, die nun vorgelegten Empfehlungen zeigten deutlich die Notwendigkeit zum Handeln auf. Aufgabe für die Zukunft werde es sein, weiterhin ein Berufsschulangebot der kurzen Wege aufrecht zu erhalten und gleichzeitig die Qualität des Unterrichts zu sichern. Diesen Prozess werde der Landeselternbeirat auch in Zukunft aufmerksam begleiten. Zugleich gelte es, darauf zu achten, dass die Berufsschulen nicht überfordert würden, fügte Ralle mit Blick auf Handlungsbedarf in den allgemeinbildenden Schulen an.

Die Stärkung und Erhaltung kleinerer BBS-Standorte stellte die Arbeitsgemeinschaft der Schulleiterinnen und Schulleiter an berufsbildenden Schulen in den Mittelpunkt. Dies solle durch eine regionale Schulentwicklung unter Berücksichtigung aller Bildungsangebote vor Ort erreicht werden. Dabei sollten vor sich abzeichnenden Strukturveränderungen betroffene Schulen, Kammern, Ausbildungsbetriebe und Schulaufsicht Konzepte erarbeiten, um das Bildungsangebot in der Fläche halten zu können. Die Vertreter der Schulleiter forderten zudem für eine erfolgreiche Umsetzung der Empfehlungen insgesamt die Stärkung der Eigenverantwortung der berufsbildenden Schulen in pädagogischer, organisatorischer, personeller und finanzieller Hinsicht.

Die Übertragung einer größeren Verantwortung an die Schulleitungen von mehr berufsbildenden Schulen stellte Bildungsministerin Ahnen bereits für die nahe Zukunft in Aussicht. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Schulversuchs „Eigenverantwortung, Qualitätsmanagement und veränderte Lehr- und Lernkultur (EQuL)“ sei geplant, ab dem kommenden Schuljahr schrittweise den Kreis der Schulen zu erweitern, die nicht nur im pädagogischen Bereich, sondern auch bei Personal und Finanzen mehr eigenverantwortlich regeln könnten. Zeitnah werde auch die von der Expertengruppe ebenfalls gewünschte Stärkung der individuellen Förderung und der dualen Berufsausbildung weiter vorangetrieben. Es gelte vor allem die Berufsschule als Partner in der dualen Ausbildung zu stärken. Zur ebenfalls empfohlenen strukturellen und pädagogischen Weiterentwicklung der Berufsfachschule würden dort schon zum kommenden Schuljahr die Lerngruppen verkleinert. Zudem werde die berufspraktische Ausbildung, die bisher innerhalb der Schulen erfolgte, in Betriebe verlagert, was den Übergang in die duale Berufsausbildung erleichtern solle.

„Mittelfristig besonders wichtig dürfte vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der Vorschlag der Expertengruppe für die Organisation der Berufsschule werden. Nur durch eine aktive über den einzelnen BBS-Standort hinausreichende, regionale Steuerung der Klassen- und Lerngruppenbildung ist eine Sicherung des Berufsschulunterrichts an möglichst wohnort- und ausbildungsplatznahen Berufsschulstandorten zu leisten“, unterstrich die Bildungsministerin und ergänzte, dass unabhängig von allen Weiterentwicklungen für die Landesregierung die Sicherung einer guten Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen einen zentralen Stellenwert behalte.

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