Beobachtung

"Soll es nicht um die Erhebung von Meinungen und Einstellungen, sondern um Daten über unmittelbares Verhalten oder die Analyse von Prozessverläufen (z. B. Unterrichtsgeschehen) gehen, bietet sich als Evaluationsmethode die systematische Beobachtung von Situationen anhand von Beobachtungskategorien oder Leitfragen an. Diese Methode bietet den Vorteil, dass sie zu einem unmittelbaren Einblick in die tatsächlichen Abläufe gewährt" (Burkard/Eickenbusch, 2000, S. 28).

Bei der teilnehmenden Beobachtung ist der Beobachter selbst in den zu beobachtenden Sachverhalt involviert. Dies ist beispielsweise die Lehrkraft, die ihre Schülerinnen und Schüler im Unterricht beobachtet, oder ein Kollege, der z. B. das Kommunikationsverhalten in Konferenzen beobachtet. Eine nicht-teilnehmende Beobachtung erfolgt immer über Dritte. Im Rahmen kollegialer Unterrichtshospitationen kann z. B. eine Lehrkraft aus dem eigenen Kollegium oder einer benachbarten Schule diese Rolle übernehmen. Auch externe Personen (z. B. Beratungskräfte, Eltern) oder Videoaufzeichnungen können Rückmeldungen zum Unterrichtsgeschehen in Form von nicht-teilnehmenden Beobachtungen liefern (vgl. Buhren, 2018, S. 37).

Kollegiale Hospitation

Für schulinterne Evaluationen ist vor allem das Verfahren der kollegialen Hospiation interessant (Schaedler/Skorsetz, 2008, S. 89):

"Die kollegiale Hospitation ist eine erfolgreiche Methode, den Unterricht nachhaltig zu verändern und kann zum erfolgreichen Aufbau einer Fachteamkultur führen. Durch Abbau vorhandener Ängste bei den Lehrkräften (möglicherweise in Folge negativer Erfahrungen in der Ausbildungsphase) und Aufzeigen der Entwicklungschancen für hospitierte und hospitierende Lehrkräfte wird die Praxis der 'Offenen Tür' und des gegenseitigen Besuchs angeregt.

Die Rückmeldungen durch Kolleginnen oder Kollegen führen meist zu realistischen und umsetzbaren Anregungen im Unterricht. Die Hospitation von 'critical friends' hat nichts mit Kontrolle oder Entblößung zu tun, sondern beruht auf Austausch und Selbstreflexion. Der Unterricht wird durch kritische, wertschätzende Kollegen beobachtet und reflektiert. Damit wird die Entwicklung analytischer und reflexiver Fähigkeiten gefördert. Die persönliche, professionelle Entwicklung der Lehrperson steht im Vordergrund. Der eigentlichen Hospitation sollte immer eine strukturierte Nachbesprechung folgen, bei der besondere Gesprächstechniken wie z.B. aktives Zuhören und Feedback genutzt werden.

Die kollegiale Hospitation bietet Lernmöglichkeiten für alle Beteiligten und somit eine Möglichkeit, vorhandenes didaktisches Wissen im Kontext anzuwenden, zu reflektieren und neue Impulse und Anregungen durch Austausch und Akzeptanz zu erhalten. Sie dient der 'Qualitätsverbesserung'. Es ist erforderlich, dass die Schulleitung die organisatorische Absicherung ermöglicht."

Weitere Informationen zu kollegialen Hospitationen

Vorteile und Funktionsweise

Kollegiale Unterrichtshospitationen mit anschließendem Feedback gelten als sehr wirksame Methode, den eigenen Unterricht zu reflektieren und zur Professionalisierung der Lehrkräfte beizutragen: „Je länger Lehrkräfte im Beruf sind, desto schwieriger wird es, eingefahrenen Routinen zu entkommen (...). Mit der Zeit können sich die immer gleichen 'Fehler’ einschleichen, die nicht einmal von einem selbst bemerkt werden. Wenn viele Lehrkräfte diese blinden Flecken zwar unbewusst spüren, sie aber nicht bewusst wahrnehmen und somit auch nicht ändern können, hilft hier Rückspiegelung (Feedback) durch Dritte“ (Horster & Rolff, 2006, S. 202f.).

Kollegiale Unterrichtshospitationen bringen folgende Vorteile (Kempfert & Ludwig, 2010, S. 24):

  • Der Unterricht wird gemeinsam untersucht, erforscht, reflektiert und verbessert.
  • Die Beobachtungsschwerpunkte werden von den Lehrkräften ausgehandelt, sie orientieren sich an pädagogischen Werten.
  • Ein Austausch zwischen Lehrkräften kommt in Gang, der nicht nur die Qualität ihrer Arbeit verbessern, sondern auch die kollegiale Beziehung vertiefen und den Teamgedanken fördern kann.
  • Beobachtungen sind Grundlage des kollegialen Gesprächs: Es wird nicht nur über Unterricht geredet - wie in der Supervision - sondern das Gespräch orientiert sich an Beobachtungsdaten.
  • Die Lehrperson kann ihre Eigenperspektive mit einer Fremdperspektive vergleichen und bekommt die Chance, blinde Flecken in ihrer Arbeit zu entdecken.
  • Neuerungen werden im Unterricht umgesetzt, systematisch erprobt und reflektiert.
  • Lehrpersonen entwickeln ihre eigene Professionalität wie auch ihre eigene Didaktik weiter.

Kollegiale Hospitation ist hilfreich und notwendig, weil die Außenperspektive des hospitierenden Kollegen dabei hilft, das subjektive Erleben mit dem des Beobachteten abzugleichen. Nur wer seine eigenen Stärken und Schwächen kennt, kann seine Professionalität und den Unterricht weiter entwickeln. Die Beurteilung der Unterrichtsqualität erfordert neben der Selbsteinschätzung den Blick des „kritischen Freundes“. Noch besser ist es, drei Perspektiven abzugleichen: Kollegin/Kollege, Schüler, unterrichtende Lehrkraft. Denn: „Es sind die Lernenden, die in den Klassen sitzen, und merken, ob ihre Lehrperson das Lernen mit ihren Augen sieht und ob die Qualität der Beziehung förderlich ist. Lernen muss von den Lehrpersonen aus der Perspektive der Lernenden betrachtet werden, damit sie besser verstehen, wie das Lernen aus der Sicht der Lernenden aussieht und wie es sich für sie anfühlt“ (Hattie, 2014, S. 139).

InES bietet Ihnen Hospitationsbögen, die Sie nutzen können, um sich systematisch im Rahmen von kollegialer Hospitation mit Ihren Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Die Beraterinnen und Berater für Schulentwicklung sowie das Zentrum für Schulleitung und Personalführung (ZfS) bieten Ihnen ebenfalls bei Bedarf hierzu Unterstützung an.

Weitere Informationen finden Sie auch auf den Seiten des Projekts EMU - Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik