FAQ - Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und Schule
Zum Schutz und zur Akzeptanz geschlechtlicher Vielfalt gehört, Selbstbezeichnungen und Selbstverortungen zu respektieren, auch wenn der gewählte Name nicht dem amtlichen Namen entspricht.
Das bedeutet:
Für rein schulinterne Angelegenheiten wie die Ansprache im Unterricht, die Namensführung im Klassenbuch, in Klassenlisten, in Briefen, bei Teilnahme an Wettbewerben oder beim Schüler*innenausweis sollten der gewählte Vorname sowie die gewählten Pronomen verwendet werden. Eine rechtliche Verpflichtung zum Führen des amtlichen Namens besteht nicht.
Der Vorname auf Zeugnissen muss dem amtlichen Namen entsprechen. Weitere Informationen finden Sie im folgenden Punkt unter "Vornamen auf Zeugnissen".
In Zeugnissen sind u. a. Vor- und Familiennamen der Lernenden einzutragen (§ 44 Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen, § 63 Übergreifende Schulordnung, § 38 Schulordnung für die öffentlichen berufsbildenden Schulen).
Zeugnisse haben eine hohe rechtliche Bedeutung für die Zukunft der Schülerinnen und Schüler. Daher muss bei Zeugnissen für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Sorge getragen werden.
Der neue Vorname gilt daher erst nach erfolgter Änderung im Personenstandsregister als rechtsverbindlich. Eine Vorwegnahme eines Wunschnamens auf Zeugnissen ohne die amtliche Änderung ist derzeit nicht möglich.
Nach Durchlaufen des Verfahrens nach dem SBGG sind künftige Zeugnisse auf den neuen Vornamen auszustellen und etwaige geschlechtsspezifische Formulierungen auf den gewählten Geschlechtseintrag anzupassen.
Anpassung bereits ausgestellter Zeugnisse - Ausfertigung mit dem geänderten Vornamen
Nach § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) besteht ein Anspruch auf Ausfertigung von Urkunden mit dem geänderten Vornamen.
Ein Antrag auf Neuausfertigung kann formlos unter Angabe von Familienname, Geburtsname, Geburtsdatum, neuem Vornamen, bisherigem Vornamen, Anschrift und mit Unterschrift (neuer Name) bei der Schule gestellt werden. Dem Antrag sind beizufügen:
- die zu ändernden Dokumente im Original
- eine Bescheinigung des Standesamtes über die durchgeführte Namensänderungen oder eine beglaubigte Kopie der Eintragung im Personenstandsregister
- eine Kopie des Personalausweises
- ggf. eine Kopie der Geburtsurkunde
Voraussetzung zur Neuausfertigung ist,
- dass noch dieselben Zeugnisformulare verwendet werden und
- die Schulleitung weiterhin im Amt ist.
In diesem Fall muss das ursprüngliche Originalzeugnis an die Schule ausgehändigt werden.
Ist eine Neuausfertigung nicht möglich, kann den betroffenen Personen eine Zweitschrift ihrer Schulzeugnisse mit dem neuen Vornamen und dem Zusatz „Zweitschrift nach Akten“ ausgestellt werden.
Schulsport kann für trans*, inter* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche eine psychisch-emotionale Belastung darstellen. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen der Lehrkraft und den Schüler*innen sowie Sensibilität und Offenheit für die Belange von tin* Personen kann mögliche Hemmungen, Vorurteile und Barrieren überwinden.
Für die Schulen bedeutet dies, enstprechende organisatorische und pädagogische Maßnahmen zu prüfen und umzusetzen, um die Teilhabe trans*, inter* und nicht-binärer Kinder und Jugendlicher am Sportunterricht zu gewährleisten. Dabei müssen für jeden Einzelfall an der jeweiligen Schule individuelle Regelungen gefunden werden, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen. Um dies erfolgreich realisieren zu können, ist es sinnvoll, die Fachberatung für das Fach Sport frühzeitig einzubeziehen und den Sportunterricht mit Weitblick zu planen.
Bekleidung im Sportunterricht
Die Kleidung für den Sportunterricht muss so gewählt werden, dass keine Gefährdung durch zu enge oder zu weite Kleidung zu befürchten ist.
Geschlechterspezifische Zuordnung im Sportunterricht
Im Rahmen des Sportunterrichts ist eine geschlechterspezifische Zuordnung in den Lehrplänen dann gefordert, wenn in der Leichtathletik die Würfe (Ball, Kugel, Speer) und das Gerätturnen behandelt werden. Bei der Wahl der Wurfgewichte bei den leichtathletischen Würfen und bei der Wahl der Geräte im Turnen (z. B. Reck, Barren oder Stufenbarren) sollte im Vorfeld eine Beratung durch die Fachberatung für das Fach Sport eingeholt werden.
Schwimmunterricht
In Ausnahmefällen kann die Befreiung vom Schwimmunterricht als konkrete Maßnahme zum Schutz der psychischen Gesundheit (temporär) Anwendung finden. Für einen trans* Schüler unter Hormontherapie könnte Schwimmunterricht heißen, aufgrund des Brustwachstums einen Badeanzug tragen zu müssen; intergeschlechtliche Kinder müssen damit rechnen, dass körperliche Besonderheiten (beispielsweise im Genitalbereich) durch die knappe und enge Badebekleidung sichtbar werden. Daher soll auch hier eine Lösung für eine akzeptable Bekleidung im Dialog angestrebt werden, denn Schwimmenkönnen ist überlebensnotwendig. Alternative Leistungsnachweise können im Einzelfall nach Vorlage entsprechender ärztlicher Atteste angeboten werden.
Leistungsbewertung
Probleme in der Leistungsbewertung ergeben sich für den Schulsport nur in Sportarten, in welchen absolute Leistungen, also Zeiten und Weiten, ermittelt werden können und müssen. Dies ist im Schulsport auf die Sportarten Leichtathletik und Schwimmen zu reduzieren.
Spielsportarten, Gymnastik/Tanz, Turnen und alle Sportarten der Gruppe C im Lehrplan (Hockey, Rückschlagspiele, Badminton, Tennis, ...) lassen eine individuelle Leistungsmessung und eine Bewertung der Techniken bzw. des Spielverhaltens zu. Zudem gehen in eine Sportnote auch immer das Engagement und die individuelle Leistungsentwicklung ein. Bei Unklarheiten kann die Fachberatung Sport eingebunden werden.
Der Schulsport hat also gerade im Bereich der Leistungsfeststellung einen großen Handlungsspielraum.
In der Sekundarstufe II sind die Hinweise in der Abiturprüfungsordnung zu berücksichtigen.
Tin* Schüler*innen sollten nach Möglichkeit jene Umkleide/Dusche benutzen können, die ihrem selbst verorteten Geschlecht (eher) entspricht.
Regelungen hierzu müssen stets von der Einzelschule vor Ort partizipativ und sensibel entwickelt werden. Dabei sind die Bedürfnisse aller beteiligten Schüler*innen zu berücksichtigen.
Wo es die Räumlichkeiten zulassen, können bei Bedarf ggf. Einzelumkleiden eingerichtet werden, auch separate Zeitfenster können eine mögliche Lösung sein.
Die Frage, welche Toiletten von einer tin* Person genutzt werden dürfen oder können, ist vor allem eine Frage des Miteinanders in der Schule und der Kommunikation untereinander. Hier gilt es, unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen vor Ort und unter Einbeziehung der Beteiligten individuelle Lösungen zu finden.
Eine Lösung können Unisex-Toiletten sein. Diese ermöglichen allen Schüler*innen, frei und geschlechtsunabhängig zu entscheiden, welche Toilette sie nutzen möchten. Diese können grundsätzlich auc in Schulen eingerichtet werden.
In Absprache mit dem Schulträger können ggf. auch bereits vorhandene einzelne Toilettenanlagen zur Unisex-Toilette umgewidmet werden.
Eine Toilette für ein „3. Geschlecht“ sollte allerdings nicht eingerichtet werden, sie könnte bestehende Stigmatisierungen verschärfen.
Als „Notlösung“ kann der Toilettengang während der Unterrichtsstunde grundsätzlich erlaubt werden, sodass tin* Schüler*innen die Toilette ihrer Wahl nutzen können.
Klassen- Kursfahrten sind wichtiger Bestandteil der Schulzeit. Damit auch tin* Schüler*innen mit gutem Gefühl an der Fahrt teilnehmen können, ist eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Wünschen und Möglichkeiten der Zimmeraufteilung von großer Bedeutung. Diese sollten bereits bei der Planung von Klassen- und Kursfahrten oder Veranstaltungen mit Übernachtungen berücksichtigt werden.
Individuelle Lösungen können nur in einem partizipativen und sensibel gestalteten Prozess mit den mittelbar oder unmittelbar betroffenen Personen (Mitschüler*innen, Sorgeberechtigte) gefunden werden.
Ein Zimmer mit wenigen Betten und eine Belegung mit den besten Freund*innen kann für tin* Schüler*innen eine gute Lösung sein. Die Unterbringung im Einzelzimmer hingegen kann zu Ausgrenzung führen und sollte stets nur eine Notlösung sein.
In manchen Unterkünften gibt es Sammelduschen, viele Jugendherbergen haben jedoch abschließbare Sanitärräume auf dem Zimmer, sodass weitergehende Regelungen entfallen.
Im Vorfeld sollte stets mit der Unterkunft geklärt werden, welche konkreten Einzelfalllösungen vor Ort möglich sind, da auch das Hausrecht der Unterkunft zu berücksichtigen ist.
Das SBGG sieht vor (vgl. § 10 Abs. 1 SBGG), dass Betroffene eine Anpassung von Angaben zum Geschlecht und zu den Vornamen in amtlichen Registern (wie etwa in Schülerunterlagen) verlangen können. Eine Anpassung der Daten erfolgt auch nach Durchlaufen des Verfahrens nach dem SBGG nur auf Antrag. Der Antrag ist zur Nachvollziehbarkeit zur Schülerakte zu nehmen (§ 67 SchulG).
Dem Antrag sind beizufügen:
- eine Bescheinigung des Standesamtes über die durchgeführte Namensänderungen oder eine beglaubigte Kopie der Eintragung im Personenstandsregister oder
- eine Kopie des Personalausweises
Das SBGG enthält in § 13 SBGG ein sogenanntes Offenbarungsverbot als Schutz gegen ein Zwangs-Outing: Frühere Geschlechtseinträge sollen ohne Zustimmung der betreffenden Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, dass besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.
Ein Verstoß gegen das Offenbarungsverbot ist außerdem nun bußgeldbewehrt. Der Bußgeldtatbestand setzt voraus, dass durch die Offenbarung die betroffene Person absichtlich geschädigt wird.
Anpassung der Schüler*innendaten
Das SBGG sieht vor (vgl. § 10 Abs. 1 SBGG), dass Betroffene eine Anpassung von Angaben zum Geschlecht und zu den Vornamen in amtlichen Registern (wie etwa in Schülerunterlagen) verlangen können. Eine Anpassung der Daten erfolgt auch nach Durchlaufen des Verfahrens nach dem SBGG nur auf Antrag. Der Antrag ist zur Nachvollziehbarkeit zur Schülerakte zu nehmen (§ 67 SchulG).
Der erforderlichen Verarbeitung der Daten im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Schule in amtlichen Registern, wie es bei Schülerunterlagen regelmäßig der Fall ist, steht das Offenbarungsverbot nicht entgegen.
Coming-out bedeutet, offen zur eigenen geschlechtlichen oder sexuellen Identität zu stehen. Das Coming-Out wird oft in zwei Phasen unterteilt: das innere Coming-Out, das heißt, sich selbst darüber bewusst zu werden und die eigene Identität zu akzeptieren, und das äußere Coming-Out, das heißt, sich seinen Mitmenschen mitzuteilen.
Wichtig ist: Die Entscheidung, ob, wann und wie ein äußeres Coming-out erfolgt, trifft immer die Person selbst.
Der Prozess selbst kann sich über mehrere Jahre hinziehen und benötigt dementsprechend viele Ressourcen bei den tin* Kindern und Jugendlichen, sodass unter Umständen auch die schulischen Leistungen davon betroffen sind und es möglicherweise vermehrt zu Absentismus kommt.
Schule steht in der Verantwortung, ein positives und unterstützendes Umfeld zu schaffen. Sie sollte durch Ansprech- bzw. Beratungspersonen (z. B. Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, Beratungsstellen) und entsprechende Unterstützungsangebote diesen Prozess sensibel begleiten, sofern die tin* Person dies wünscht. Im Mittelpunkt steht das Anliegen, die Selbstbestimmung der Person zu befördern und zu unterstützen, etwa bei der schulinternen Nutzung des selbst gewählten Vornamens und Pronomens.
Im Einzelfall kann auch externe Beratung durch die Schulpsychologie RLP oder entsprechende Fachstellen und Institutionen (s. Beratung) in Anspruch genommen werden.
Dass sich Schulen für Vielfalt und Diversität einsetzen, ist ein demokratisches Gebot. Die Förderung der Vielfalt sollte daher im Schulprogramm verankert werden.
Ziel ist, ein Bewusstsein für Diversität und Diskriminierung im Schulalltag zu schärfen und damit Unterricht vorurteilsbewusster und chancengerechter zu gestalten. Schulleitungen haben in diesem Prozess eine besondere Steuerungsfunktion und Verantwortung.
Der schuleigene Prozess erfordert das Mitwirken und die Partizipation möglichst aller schulischen Beteiligten. Sich zu Fragen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt zu positionieren und sich für deren Akzeptanz einzusetzen, setzt eine Selbstreflexion zur Klärung der eigenen Haltung, Möglichkeiten und Grenzen voraus, die schulisch unterstützt werden sollte.
Zu den wesentlichen Maßnahmen gehören:
- Berücksichtigung geschlechtlicher Vielfalt im Schulalltag durch geschlechtsneutrale Formulierungen in Formularen und Schreiben sowie in alltäglicher Kommunikation
- Vermittlung nicht stereotyper Geschlechterbilder
- Vermeidung von Geschlechterklischees und -zuordnungen
- Überprüfung pädagogischer Maßnahmen (Projekte, Klassenfahrten, Regeln etc.) mit Blick auf die Belange von tin* Schüler*innen
- Inhaltliche und thematische Angebote im Unterricht und bei außerunterrichtlichen Aktivitäten (Themen, Materialien, Projekte etc.)
- Klare Regeln zum Umgang mit diskriminierendem Verhalten und dessen Konsequenzen
- Benennung einer Ansprech-/Vertrauensperson
- Aufgreifen des Themas in Elternveranstaltungen, Ausstellungen, Wettbewerben etc.
- Übersicht über regionale und überregionale Beratungs- und Unterstützungsangebote
- Vernetzung mit weiteren Dimensionen der Vielfalt
- Themenbezogene Fortbildungen, Studientage etc.
Schulen sind Orte, an denen sich die Vielfältigkeit der Gesellschaft widerspiegelt. Es gehört zum Bildungs- und Erziehungsauftrag, Akzeptanz und Offenheit für Vielfalt in der Gesellschaft zu fördern und ein demokratisches Bewusstsein zu entwickeln. Dieses Klima der Offenheit und ein vorurteilsfreies Miteinander muss in der Schule gelebt und aktiv gestaltet werden (s. auch "Vielfalt als Qualitätsmerkmal für Schulen").
Damit hat Schule hat eine wichtige Rolle auch bei der Prävention gegen Queerfeindlichkeit.
Angebote zur Gewaltprävention finden Sie auf der Website der Schulpsychologie Rheinland-Pfalz.
Angebote zur Demokratieerziehung finden Sie auf dem Bildungsserver Rheinland-Pfalz.
Queerfeindlichkeit bezeichnet die Diskriminierung und Anfeindungen von Menschen, die sich der queeren Community zuordnen. Diese Feindlichkeit zeigt sich unter anderem auch durch Intoleranz, Vorurteile und Ablehnung von den Betroffenen, aber auch durch direkte Hasskriminalität und Gewalt.
Bei Diskriminierungen, Anfeindungen und Gewalt(androhungen) muss konsequent eingeschritten werden. Die genauen Abläufe werden vom schulischen Krisenteam der jeweiligen Schule koordiniert. Konkrete Hinweise zu erforderlichen Maßnahmen legt die „Handreichung für den Umgang mit Krisensituationen an Schulen“ fest.
Unterstützung und Beratung erhalten Schulen bei der Schulpsychologie Rheinland-Pfalz.