Checkliste zum Vorgehen bei Rechtsverletzungen von Lehrkräften
Soziale Medien haben längst Einzug in die Schulen gehalten. So bleibt es nicht aus, dass auch Lehrkräfte in ihren Rechten verletzt werden. Immer wieder kursieren unerlaubte oder unangemessene Aufnahmen von Lehrkräften in Chats oder auf Plattformen.
Weitere Informationen zu schulischen Sanktionen befinden sich in Baustein 5.8. - Umgang mit Rechtsverletzungen in sozialen Medien, Baustein 5.9 - Smartphones und andere smarte Endgeräte, Baustein 7 - Wenn es zum Streit kommt sowie in der Checkliste Schulische Sanktionen.
Hinweis zur Nutzung dieser Vorlage durch Ihre Schule:
Diese Checkliste soll Lehrkräften helfen, Rechtsverletzungen einzuordnen und angemessene zu reagieren. Machen Sie Ihr Kollegium durch die Weitergabe des Links auf diese Seite aufmerksam.
Quellenangabe: schulemedienrecht.rlp.de, zugegriffen am [Datum], CC BY 4.0 Pädagogisches Landesinstitut RLP
Prävention
Eine klare Haltung gegenüber Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern ist unentbehrlich. Hilfreich hierfür ist eine innerhalb der Schulordnung verankerte Smartphone-Ordnung. Um diese bestmöglich in der Schule einzuführen empfiehlt es sich, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Erziehungsberechtigte in die Erstellung mit einzubinden. Erfahrungsgemäß begünstigt dies die Bereitschaft sich auch an die Regeln zu halten. Weitere Details enthält das Muster für eine Smartphone-Ordnung.
Neben der Smartphone-Ordnung gibt es andere erzieherischen Maßnahmen, die Lehrkräfte bei Verstößen gegen die Regeln der Schule ergreifen können. Sie können beispielsweise eine Ermahnung oder eine Verpflichtung zur Wiedergutmachung eines angerichteten Schadens oder Übernahme von Arbeiten für die Schul- oder Klassengemeinschaft aussprechen. Einzelheiten hierzu befinden sich in der Checkliste schulische Sanktionen.
Vorgehen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen
Das Persönlichkeitsrecht schützt:
- die Privat- und Geheimsphäre
- die persönliche Ehre
- das Recht am eigenen Bild •
- das Namensrecht, mit umfasst ist auch der Identitätsdiebstahl
- das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Gehen die Handlungen von Schülerinnen und Schülern aber über einfache Regelverstöße hinaus, so können auch die Konsequenzen ernster werden. Wird ein Bild, ein Video oder eine Audioaufnahme von einer Person gemacht, ohne dass diese hierfür ihre Einwilligung gegeben hat, hat diese Person verschiedene Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen.
Folgende Ansprüche ergeben sich unter anderem:
Ansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen richten sich auf
- die Beseitigung der Rechtsverletzung;
- die Unterlassung von zukünftigen Rechtsverletzungen;
- den Ersatz eines tatsächlich entstandenen Schadens;
- die Auskunft darüber, wo die Aufnahmen veröffentlicht oder heruntergeladen wurden.
Das bedeutet, eine betroffene Lehrkraft kann nicht nur die Beseitigung, also die Löschung der Aufnahmen auf allen Plattformen, Geräten und Chatverläufen verlangen, sondern sie hat ebenfalls einen Anspruch, dass die Schülerin oder der Schüler sich zur Unterlassung zukünftiger Aufnahmen gegenüber der Lehrkraft verpflichtet. Ist es notwendig, eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt einzuschalten, etwa weil die Schülerin oder der Schüler nicht reagiert hat oder glaubt, es handele sich nur um eine Lappalie, können auch die entstandenen Rechtsanwaltskosten als Schadenersatz gegenüber dem Verursacher geltend gemacht werden. Darüber hinaus hat die betroffene Lehrkraft auch einen Auskunftsanspruch und kann verlangen, dass offengelegt wird, an wen, auf welchen Plattformen und mit welchen Messenger-Diensten die Aufnahmen noch versendet wurden.
Weitere Ansprüche, die in der Schule weniger von Belang sind:
- Gegendarstellung
- Bereicherungsausgleich
- Geldentschädigung
Die heimliche Aufnahme einer Person kann neben den hier erwähnten zivilrechtlichen Schritten auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, siehe dazu unten.
Daneben ergeben sich auch Ansprüche gegen die Betreiber der Plattformen, auf denen die Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Vorgehen ist immer dann sinnvoll, wenn die Verbreitung der Aufnahme verhindert werden sollen. Inzwischen sind Betreiber verpflichtet, wirksame und transparente Verfahren zum Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte einzurichten (§ 3 Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken - Netzwerkdurchsetzungsgesetz).
Danach müssen Plattformbetreiber unter anderem folgende Maßnahmen einleiten:
- Zurverfügungstellung eines leicht erkennbaren, unmittelbar erreichbaren, leicht bedienbaren und ständig verfügbaren Verfahrens zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte.
- Unverzügliche Kenntnisnahme und Prüfung von Beschwerden.
- Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde entfernt oder der Zugang zu ihm gesperrt werden.
- Information der Betroffenen über die Löschung oder Sperrung.
- Die Entscheidung hierüber muss begründet und auf die Möglichkeit einer Gegenvorstellung hingewiesen werden.
- Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass gegebenenfalls eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gestellt werden kann.
Vorgehen bei Straftaten
Kommt es zu schwereren Vergehen gegen eine Lehrkraft, kann die Polizei eingeschaltet werden um einen Strafantrag zu stellen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Klarstellung, dass schon eine verächtliche oder abwertende Äußerung gegenüber einer Person den Straftatbestand der Beleidigung oder auch der Nötigung erfüllen und geahndet werden kann. Unter Umständen trifft so ein Straftatbestand auch die Schülerinnen und Schüler, die den beleidigenden Beitrag lediglich geteilt oder geliked haben (siehe dazu auch Baustein 5.8 - Umgang mit Rechtsverletzungen in sozialen Medien).
Folgende Straftatbestände des Strafgesetzbuches (StGB) können im schulischen Bereich verwirklicht werden:
- § 131 StGB Gewaltdarstellung: Wird beispielsweise durch einen weitergeleiteten Film Gewalt verharmlost oder verherrlicht greift der Straftatbestand der Gewaltverherrlichung. Dies kann schon der Fall sein, wenn z. B. ein Schüler einen anderen Schüler schlägt und dies aufgenommen wird
- §§ 201a ff. StGB Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs: Bei unbefugten Bildaufnahmen wird die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs unter Strafe gestellt. Wird eine Lehrkraft beispielsweise heimlich im Unterricht gefilmt, könnte dies bereits strafrechtlich geahndet werden.
- §§ 185 ff. StGB Beleidigung: Äußert sich eine Schülerin oder ein Schüler mit Missachtung und Respektlosigkeit gegenüber einer Lehrkraft, kann dies den Tatbestand einer Beleidigung erfüllen. Doch auch, wer eine solche Äußerung „liked“, „added“ oder in anderer Weise verbreitet, kann mit einem Strafantrag geahndet werden.
- § 238 StGB Nachstellung: Sucht jemand dauernd die Nähe eines anderen oder bestellt missbräuchlich Produkte und Dienstleistungen unter dem Namen des anderen und wird dadurch die Lebensgestaltung eines anderen Menschen schwerwiegend beeinträchtigt, spricht man von Nachstellung oder auch Stalking.
- § 240 StGB Nötigung: Wird jemand mit Gewalt oder Drohung zu einem Handeln, Dulden oder Unterlassen gezwungen, spricht man von einer Nötigung. Dieser Tatbestand wäre erfüllt, wenn eine Schülerin oder ein Schüler damit droht, die Reifen einer Lehrkraft zu zerstechen, sofern sie oder er keine besseren Noten erhielte.
- § 241 StGB Bedrohung: Eine Bedrohung liegt vor, wenn beispielsweise gedroht wird, Feuer zu legen oder eine Sache zu zerstören.
Fazit
Lehrkräfte haben also vielfältige Möglichkeiten, sich gegen Rechtsverletzungen zur Wehr zu setzen. Wenn pädagogische und ordnungsrechtliche Maßnahmen nicht wirken, können Sie durchaus zu zivilrechtlichen oder auch strafrechtlichen Mitteln greifen. Natürlich sollten alle Maßnahmen im Rahmen des pädagogischen Ermessens ausgeübt werden.
Folgende Möglichkeiten stehen Lehrkräften bei Rechtsverletzungen zur Verfügung:
- Aufforderung an die Schülerin oder den Schüler, den beanstandeten Inhalt von allen Plattformen und Diensten zu entfernen und derartiges in Zukunft zu unterlassen,
- Androhung und Verhängung von Schulordnungsmaßnahmen,
- Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche wie Auskunfts-, Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche,
- Rechtsverletzungen bei den Plattformen und anderen Messenger-Diensten melden,
- gegebenenfalls Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden durch Strafanzeige.