Recht am eigenen Bild
Einstiegsfall
Schule V möchte auf ihrer Schulwebsite über ihre vielfältigen Aktivitäten berichten und dazu Fotos und Videos aus dem Schulalltag veröffentlichen. Die Schule überlegt, wie sie dies rechtssicher umsetzen kann und was passiert, wenn eine der abgebildeten Personen im Nachhinein ihre Einwilligung widerruft.
Sachinformation
In der Schule gibt es unterschiedlichste Szenarien, in denen Fotos oder Videos von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften angefertigt und veröffentlicht werden. Dies kann jeweils nur aufgrund einer Rechtsgrundlage oder Einwilligung erfolgen. Dabei kommt es darauf an, für welchen Zweck die Aufnahmen angefertigt werden und welche Weiterverwendung angedacht ist.
Um zunächst mit einem weitverbreiteten Mythos um Gruppenbilder aufzuräumen: Die Behauptung, dass ab einer bestimmten Anzahl von Personen auf einem Bild eine Einwilligung zumindest dann nicht erforderlich sei, wenn deren Namen nicht genannt werden, ist unzutreffend. Wenn Personen auf einem Foto oder einer Videoaufnahme ausreichend deutlich erkennbar sind, liegen personenbezogene Daten vor.
Fotos oder Videos dürfen grundsätzlich nur mit Einwilligung der abgebildeten Personen (bei Minderjährigen der Eltern) veröffentlicht werden. Verstöße hiergegen sind nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (Kunsturheberrechtsgesetz – KunstUrhG) sogar strafbewehrt. Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis sieht dieses Gesetz nur vor, wenn Personen als „Beiwerk" neben einer Örtlichkeit (z. B. Schulgebäude) abgebildet werden oder es sich um Aufnahmen von „Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Veranstaltungen" handelt, an denen die Personen teilgenommen haben. Unter den letztgenannten Punkt können auch schulische Veranstaltungen (z. B. Sportfeste, Schulfeste, „Tag der offenen Tür“) fallen.
Darüber hinaus ist die Veröffentlichung von Fotos oder Videos unproblematisch, wenn die Abgebildeten nicht erkennbar sind, z. B. wenn Bilder einer Webcam, die in ausreichender Höhe Aufnahmen vom Schulhof fertigt, ins Netz gestellt werden.
Fotos bzw. Videos zur Aufgabenerfüllung der Schule
Fotos bzw. Videos sind auch personenbezogene Daten. Personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern, Lehrkräften, pädagogischen und technischen Fachkräften sowie sonstigem pädagogischen Personal dürfen nach § 67 Abs. 1 Schulgesetz (SchulG) durch die Schulen, die Schulbehörden und die Schulträger verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschrift zugewiesenen schulbezogenen Aufgaben erforderlich ist. Das Anfertigen und Veröffentlichen von (Bewegt-)Bilderndieser Personengruppen ist i. d. R. für die schulbezogenen Aufgaben der Schule nicht erforderlich, sodass diese Fälle nicht auf § 67 Abs. 1 SchulG gestützt werden können.
Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Fotos oder Videos durch die Schule selbst kann insbesondere eine Einwilligung sein. Die Einwilligung sollte vor der Aufzeichnung eingeholt werden. Zum notwendigen Inhalt der Einwilligungserklärung, siehe das Musterformular zur Einwilligung zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen in Schulen unter Quellen und Links.
Anfertigung von Klassenfotos durch Externe
Sollen die Porträtbilder oder Klassenfotos nicht von Beschäftigten der Schule selbst angefertigt werden, sondern von einer externen Fotografin bzw. einem externen Fotografen, muss vor dem Fototermin die Einwilligung der Schülerinnen und Schüler bzw. der Sorgeberechtigten eingeholt werden. Die Schule ist in diesem Fall nicht die Verantwortliche für die Datenverarbeitung. Sie kann jedoch die Einwilligungsformulare vorab für die Fotografin oder den Fotografen in den Klassen verteilen und vor dem Termin wieder einsammeln. Sollen die Fotos mit Namen, Geburtsdatum und ggf. Klasse versehen werden, muss die Fotografin bzw. der Fotograf diese Daten bei den Schülerinnen und Schülern oder Eltern selbst erheben und für diesen Zweck der Datenverarbeitung eine Einwilligung einholen. Sollen die Fotos im Anschluss allen Abgebildeten und der Schule z. B. auf einer CD oder einem USB-Stick zur Verfügung gestellt werden, muss auch für diese Datenübermittlung von der Fotografin bzw. dem Fotografen eine Einwilligung eingeholt werden. Zur Frage der Einwilligungsfähigkeit und der Notwendigkeit der Einwilligung durch die Eltern siehe „Einwilligungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen“ unter Quellen und Links.
Gültigkeit der Einwilligung, Zweckbindung
Lehrkräfte können die Einwilligung unproblematisch zum Beginn eines Schuljahres für alle (Bewegt-)Bilder, die in diesem Schuljahr angefertigt/verarbeitet werden, einholen. Soll die Einwilligung für mehrere Schuljahre gelten, z. B. über die ganze Grundschulzeit hinweg (von der ersten bis zur vierten Klasse), ist auch dies mit Blick auf die überschaubare Dauer vertretbar. Die Eltern sollten dann jedoch am Anfang jedes Schuljahres auf die bereits erteilte Einwilligung und die Möglichkeit des Widerrufs in einem Informationsschreiben hingewiesen werden.
Auch bei weiterführenden Schulen kann eine Einwilligung über mehrere Jahre Wirkung entfalten. Gleichwohl ist zu beachten, dass auch bei vorliegender Einwilligung der Sorgerechtsberechtigten, der geäußerte entgegenstehende Wille einer Schülerin oder eines Schülers bei der Anfertigung von (Bewegt-)Bildern maßgeblich ist. Erlangen Schülerinnen und Schüler im Laufe der Zeit die notwendige Einwilligungsfähigkeit, siehe Quellen und Links, ersetzt deren Einwilligung die bis dahin gültige Erklärung ihrer Eltern. Es empfiehlt sich daher eine Einwilligung zum Beginn der 5. Klasse von den Eltern und zu Beginn der Oberstufe eine Einwilligung der Schülerinnen und Schüler selbst einzuholen, damit diese eine eigene Entscheidung treffen können. Auch in diesem Fall ist jährlich auf die erteilte Einwilligung und die Möglichkeit des Widerrufs hinzuweisen.
Sind Einwilligungen nur für eine spezielle Einzelveranstaltung (z. B. eine einmalige Theatervorführung) erteilt worden, kann die Einwilligung nicht als Rechtsgrundlage für Datenverarbeitungen in anderen Zusammenhängen herangezogen werden.
Lehrkräfteaus-, -fort- und -weiterbildung
§ 67 Abs. 4 SchulG regelt, dass Fotos, Videos und Tonaufzeichnungen im Unterricht für Zwecke der Lehrkräfteaus-, -fort- und -weiterbildung sowie der Qualitätsentwicklung von Unterricht erfolgen dürfen, sofern die Eltern (bzw. ab der Oberstufe: die Schülerinnen und Schüler) vorab über die beabsichtigte Aufzeichnung und den Aufzeichnungszweck informiert worden sind und eingewilligt haben. Die Aufzeichnungen sind spätestens nach fünf Jahren zu löschen, soweit schutzwürdige Belange der betroffenen Personen nicht eine frühere Löschung erfordern.
Gesetze und Vorschriften
Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 3.2 - Recht am eigenen Bild - relevant sind.
§ 67 SchulG - Verarbeitung von Daten
§ 23 KunstUrhG - Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie
Art. 6 Abs. 1 lit. c Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO) - Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
Quellen und Links
Hier finden Sie eine Übersicht über die in Baustein 3.2 - Recht am eigenen Bild - verwendeten Quellen und weiterführende Links.
Themenseite „Recht am eigenen Bild“ auf der Website des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI)
Abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/themen/recht-am-eigenen-bild/
Flyer des LfDI: „Fotos und Datenschutz – Was geht?!“
Abrufbar unter
https://youngdata.de/fileadmin/user_upload/bundeslaender/Rheinland-Pfalz/LfDI_RLP_Flyer_Fotos_und_Datenschutz.pdf
Musterformular zum Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen des LfDI
Abrufbar unter
https://www.datenschutz.rlp.de/fileadmin/datenschutz/Dokumente/Recht_am_eigenen_Bild/Schule_Musterformular_zur_Einwilligung_zur_Anfertigung_von_Bild-_und_Tonaufnahmen.rtf
Themenseite „Recht am eigenen Bild“ des LfDI
Abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/themen/recht-am-eigenen-bild/
- FAQ-Element: „Gelten die Regelungen der DS-GVO auch beim Anfertigen von Bildern für mein Fotoalbum?“
- FAQ-Element: „Einwilligungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen“
Weitere Fallbeispiele
Hier finden Sie zu Baustein 3.2 - Recht am eigenen Bild - passende Fallbeispiele.
Die Schule R erstellt für alle Schülerinnen und Schüler Ausweise mit Fotos, die sowohl zur Buchausleihe in der Bibliothek als auch zum Bezahlen in der Cafeteria, die auch von externen Gästen genutzt werden kann, verwendet werden. Die Eltern von Schülerin L fragen nach, ob sie dem Fotografieren nicht eigentlich zustimmen müssten.
Lösung:
Nein. Das Fertigen von Fotos für Schülerinnen- und Schülerausweise ist für die Erfüllung einer schulbezogenen Aufgabe (z. B. Zutrittsberechtigung) erforderlich und daher auch ohne Einwilligung zulässig.
Um sich die Namen in seiner neuen Klasse schneller einprägen zu können, verwendet Chemielehrer K eine App, in der er den Sitzplan nachbilden und Fotos der Schülerinnen und Schüler an der entsprechenden Stelle einfügen kann. Kann er das ohne Weiteres tun?
Lösung:
Nein. Das Anfertigen solcher Fotos für einen Sitzplan kann für Lehrkräfte zwar hilfreich sein, ist aber für die Erfüllung von schulbezogenen Aufgaben nicht erforderlich. Hierfür ist die Einwilligung der Sorgeberechtigten einzuholen, sofern die Schülerinnen und Schüler noch nicht selbst dazu berechtigt sind (siehe „Einwilligungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen“ unter Quellen und Links). Gleichwohl ist zu beachten, dass auch bei vorliegender Einwilligung der Sorgerechtsberechtigten, der geäußerte entgegenstehende Wille einer Schülerin oder eines Schülers bei der Anfertigung von Bildern maßgeblich ist.
Eine Einwilligung muss immer freiwillig erfolgen. Im Verhältnis Lehrkraft bzw. Schule zu Schülerin / Schüler wird es oft an dieser Freiwilligkeit fehlen – etwa, weil ein Schüler/eine Schülerin Nachteile durch die Nicht-Einwilligung fürchtet. Daher muss stets eine echte Alternative geboten werden und es dürfen keine negativen Folgen aus der Weigerung resultieren.
Im Fallbeispiel sollte die Einwilligung nicht pauschal mit Schuleintritt eingeholt werden, sondern speziell für den Einzelfall der Erstellung des Sitzplans am Schuljahresbeginn.
Die Eltern von Schülerin P haben mit der Einschulung ihre Einwilligung in das Fotografieren ihres Kindes gegeben. Nach einigen Jahren haben sie ihre Meinung geändert und teilen der Schule mit, dass sie die Einwilligung widerrufen. Muss die Schule nun alle bereits erstellten Fotos löschen?
Lösung:
Der Widerruf einer Einwilligung gilt ab dem Zeitpunkt, in dem diese zurückgezogen wurde. Hat die Schule vorher Bilder der Schülerin auf die Homepage gestellt, muss sie diese nun heraussuchen und entfernen oder Schülerin P unkenntlich machen. Für Verbreitungswege, auf denen Fotos nicht ohne Weiteres entfernt werden können, wie beispielsweise gedruckte Jahrbücher, greift die Pflicht zur rückwirkenden Entfernung nicht.
Zur Einschulung kommen an Grundschule D neben den Eltern häufig weitere Verwandte wie Großeltern hinzu. Viele Gäste zücken dann ihre Smartphones und schießen Fotos oder filmen Teile der Feier. Die Schulleitung fragt sich, ob sie Probleme bekommen kann, wenn das Recht am eigenen Bild von fotografierten oder gefilmten Personen verletzt würde.
Lösung:
Nein. Häufig möchten Eltern bei der Einschulung (Bewegt-)Bilder anfertigen. Dabei soll nicht nur das eigene Kind foto-/videografiert werden, sondern meistens auch die Einschulungsfeier selbst, die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler oder Lehrkräfte. Für diese Aufnahmen ist grundsätzlich nicht die Schule die verantwortliche Stelle, sondern jede Person, die (Bewegt-)Bilder anfertigt. Aufzeichnungen, die zu privaten oder persönlichen Zwecken angefertigt werden, fallen unter das Haushaltsprivileg (Art. 2 Abs. 2 lit. c DS-GVO) und sind von den Regelungen der DS-GVO nicht erfasst (siehe „Gelten die Regelungen der DS-GVO auch beim Anfertigen von Bildern für mein Fotoalbum?“ bei Quellen und Links). Das Veröffentlichen dieser Fotos oder Videos fällt jedoch wieder unter die Vorgaben der DS-GVO und ist dann bei Aufnahmen von Kindern bei der Einschulung nur mit der Einwilligung der Sorgerechtsberechtigten möglich. Zwar ist die Schule nicht verantwortlich für die Aufnahmen der Eltern; sie hat jedoch auf dem Schulgelände das Hausrecht und kann daher Foto- oder Videoaufnahmen verbieten.
Ein Foto-/Videografierverbot ist aus datenschutzrechtlicher Sicht weder notwendig noch geboten. Es ist jedoch ratsam, wenn die Schule das Thema frühzeitig in einem Elternbrief vor der Einschulung thematisiert und auch darauf hinweist, dass (Bewegt-)Bilder grundsätzlich nur mit der Einwilligung der Sorgerechtsberechtigten in sozialen Medien (z. B. WhatsApp-Gruppen) gepostet oder anderweitig im Internet veröffentlicht werden dürfen (z. B. als Video auf Youtube). Eine Sensibilisierung der Eltern ist einem Foto-/Videografierverbot vorzuziehen. Begrüßenswert, aber nicht zwingend ist es, wenn die Schule aktiv Möglichkeiten schafft, dass nur die Kinder fotografiert werden, die dies auch möchten. Dazu kann z. B. ein gewisses Zeitfenster oder ein Ort vorgegeben werden, an dem Eltern Fotos von der Einschulung machen können. So haben Kinder sowie Eltern die Möglichkeit, sich der Fotosituation zu entziehen, wenn sie keine Bilder wünschen.