Computer- und Videospiele im Unterricht
Baustein 5
Einstiegsfall
Lehrerin A möchte ein Videospiel zur Verbesserung des Geschichtsverständnisses ihrer Schülerinnen und Schüler einsetzen. Dafür bringt sie eine Spielkonsole und das betreffende Spiel mit in den Unterricht. Sie fragt sich, welche rechtlichen Vorgaben sie dabei beachten muss.
Sachinformation
Der pädagogische Wert von digitalen Spielen wird unterschiedlich beurteilt. Sie schulen das Reaktionsvermögen, Teamarbeit und technisches Verständnis, sagen die einen. Sie bewirken Realitätsverlust bei Jugendlichen und führen zur Verrohung und Vereinsamung, sagen die anderen. Fest steht, bei Kindern und Jugendlichen steht das „Gaming“ hoch im Kurs. So liegt es nahe, das vorhandene Interesse zu nutzen und medienpädagogisch zu bündeln und problematisches Spielverhalten zu benennen. Im Folgenden soll erläutert werden, was bei der Einbeziehung von Computer- und Videospielen in den Unterricht rechtlich beachtet werden muss.
Möchte eine Lehrkraft, dass sich Schülerinnen und Schüler Apps auf ihr eigenes Smartphone herunterladen, muss sie dies mit den Eltern besprechen und eine entsprechende Einwilligung dafür einholen; zur Verwendung von Apps im Unterricht siehe Baustein 5.9 - Smartphones und andere smarte Endgeräte in der Schule.
Plant sie hingegen, die Spiele auf die vorhandenen Klassentablets zu laden, bietet sich hierfür die Nutzung eines Mobile Device Managements an, siehe Baustein 2.1 - Verwaltung der PC-Hardware und Mobile-Device-Management (MDM).
Es gibt immer Stimmen, die vor einer sozialen Desorientierung und Empathielosigkeit bei zu häufigem Konsum von Computer- und Videospielen warnen. Dabei ist die Frage nach einer Verschärfung des Strafrechts bezüglich gewalttätiger Spiele immer wieder in der Diskussion. Gefordert werden das Verbot von sogenannten Killerspielen und der Gewaltverherrlichung durch solche Spiele. Tatsächlich ist es jedoch so, dass der in Frage kommende § 131 Strafgesetzbuch (StGB) den Anforderungen weitestgehend genügt. Nach dieser Vorschrift ist das Verbreiten oder sonstige Zugänglichmachen von Darstellungen von grausamen oder auf sonstige Weise unmenschlichen Gewaltszenen gegenüber Menschen oder menschenähnlichen Wesen strafbar.
Unter Gewalttätigkeit versteht man gemäß § 131 StGB ein aggressives Handeln, durch das unter Einsatz physischer Kraft auf den Körper eines Menschen seine Unversehrtheit beeinträchtigt wird (Schönke/Schröder § 131). Bei Computerspielen müssen die Darstellungen als menschenähnlich angesehen werden, wobei selbst Comic-Figuren, die ein „menschenähnliches“ Verhalten an den Tag legen, dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen sollen (Marian Härtel, S. 20).
Auch das Jugendschutzgesetz (JuSchG) nimmt zu Computerspielen Stellung. Danach müssen Computerspiele – ebenso wie bisher schon Filme und Videos – mit einer rechtsverbindlichen Altersfreigabe versehen werden, § 14 JuSchG.
Lehrerin A muss im Einstiegsfall daher überprüfen, welche Altersfreigabe die Spiele haben und nur solche verwenden, die dem Alter ihrer Schülerinnen und Schüler entsprechen. Darüber hinaus hat sie zu prüfen, inwiefern der Einsatz von Computerspielen pädagogisch und entwicklungspsychologisch sinnvoll ist. Außerdem muss sie sicherstellen, dass der Einsatz des Spieles von den Lizenzvorgaben des Spieleherstellers gedeckt ist.
Altersfreigabe
Die Altersfreigabe muss auf allen Computerspielen sichtbar angebracht sein. Sie folgt folgendem Aufbau:
- Freigegeben ohne Altersbeschränkung
- Freigegeben ab 6 Jahren
- Freigegeben ab 12 Jahren
- Freigegeben ab 16 Jahren
- Keine Jugendfreigabe
Die Altersfreigaben werden von einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle, der sogenannten USK – Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle –, nach Gutachten erteilt. Bei schwer jugendgefährdenden Computerspielen wird die Einstufung verweigert. Dies ist nach § 15 Abs. 2 JuSchG der Fall, wenn sie
- einen Tatbestand des Strafgesetzbuches erfüllen,
- den Krieg verherrlichen,
- Menschen, die sterben oder schweren körperlichen bzw. seelischen Leiden ausgesetzt sind, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen,
- Kinder und Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen,
- offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihrer Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.
Solche Spiele kommen auf eine Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Sogenannte indizierte Spiele dürfen von Jugendlichen nicht gespielt werden.
Gesetze und Vorschriften
Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 5.7 - Computer- und Videospiele im Unterricht - relevant sind.
§ 14 JuSchG – Kennzeichnung von Filmen und Film- und Spielprogrammen
§ 15 Abs. 2 JuSchG – Jugendgefährdende Trägermedien
§ 131 StGB – Gewaltdarstellung
Quellen und Links
Hier finden Sie eine Übersicht über die in Baustein 5.7 - Computer- und Videospiele im Unterricht - verwendeten Quellen und weiterführende Links.
Adolf Schönke/Horst Schröder: Strafgesetzbuch - Kommentar, 27. Auflage, München 2006.
Marian Härtel: Zur Frage der Verfassungsgemäßheit eines bundesgesetzlichen Verbotes u. a. der Herstellung, Einfuhr, Verkauf und der Vermietung von gewaltverherrlichenden Computerspielen („Killerspiele“) im Wege der Schaffung eines § 131a StGB. Gutachten.
Abrufbar unter https://docplayer.org/34135106-Gutachten-von-dipl-jur-marian-haertel-berlin.html
Broschüre „Kinder und Jugendliche schützen“ der USK mit Informationen zum Prüfverfahren und den Prüfkriterien bei der Vergabe der Alterskennzeichen
Abrufbar unter https://usk.de/die-usk/broschueren/
Ausführliche Darstellung der Leitkriterien der USK für die Prüfung von Computer- und Videospielen
Abrufbar unter https://usk.de/die-usk/grundlagen-und-struktur/grundlagen/
Broschüre „Computerspiele - 20 Fragen und Antworten zu gesetzlichen Regelungen und zur Medienerziehung" der BzKJ
Abrufbar unter https://www.bzkj.de/resource/blob/176340/b938475881594fa49f1f8b82cd66e6fa/bpjm-thema-computerspiele-data.pdf
Artikel „Unterrichten mit Computerspielen – Didaktische Potenziale und Ansätze für den gezielten Einsatz in Schule und Ausbildung“ von Dominik Petko
Abrufbar unter https://www.medienpaed.com/article/view/106/106
Dossier „Games im Unterricht“ der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Baden-Württemberg mit ausführlichen Informationen und dem „Konzeptefinder“, einer Datenbank für Unterrichtskonzepte und Spieletipps
Abrufbar unter https://games-im-unterricht.de/paedagogischer-hintergrund und https://games-im-unterricht.de/games-und-konzepte
Reihe „Bildungshacks“ der bpb zum Thema „Tipps für Lernspiele im Unterricht“
Abrufbar unter https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/334858/bildungshacks-tipps-fuer-lernspiele-im-unterricht
Zusammenstellung von Fachartikeln und Einsatzszenarien für Computerspiele im Unterricht von Marco Fileccia für lehrer-online
Abrufbar unter https://www.lehrer-online.de/fokusthemen/dossier/do/computerspiele-im-unterricht/
Themenbereich „Digitale Spiele“ des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg, u. a zu Computerspielen im Unterricht
Abrufbar unter https://www.lmz-bw.de/medienbildung/themen-von-a-bis-f/digitale-spiele
Wissenswertes zu Computer- und Videospielen, zusammengestellt von Spielraum – Institut zur Förderung von Medienkompetenz
Abrufbar unter http://spielraum.web.th-koeln.de/category/basiswissen-games/
Projekte, Methoden und Materialien zum pädagogischen Einsatz digitaler Spiele
Abrufbar unter http://digitale-spielewelten.de/
Seite der Bundeszentrale für politische Bildung zu Computer- und Videospielen – Spielbeurteilungen, Fachartikel, Basiswissen zu Computerspielen
Abrufbar unter https://www.spielbar.de/
Pädagogischer Ratgeber zu Computer- und Konsolenspielen des ComputerProjekt Köln e.V.
Abrufbar unter http://www.spieleratgeber-nrw.de/
Lehrerhandbuch Best-Practice-Kompass Computerspiele im Unterricht, bereitgestellt auf den Seiten der Landesanstalt für Medien NRW (LfM)
Abrufbar unter https://www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Publikationen-Download/BestPracticeKompass_Computerspiele_Web.pdf
Weitere Fallbeispiele
Hier finden Sie ein zu Baustein 5.7 - Computer- und Videospiele im Unterricht - passendes Fallbeispiel.
Lehrer A möchte mit seiner Klasse auf einem Ausflug eine Stadtrallye über eine Rallye-App veranstalten. Hierfür erstellt er verschiedene Rätsel und eine eigene Erlebnistour durch die Stadt, die die Schülerinnen und Schüler lösen müssen. Die Schülerinnen und Schüler verwenden schuleigene Tablets und die Klasse wird in verschiedene Gruppen aufgeteilt, welche Spitznamen erhalten. Keine bzw. keiner der Schülerinnen und Schüler muss personenbezogene Daten eingeben. Er fragt sich, ob er dennoch eine Einwilligungserklärung von den Eltern benötigt?
Lösung:
Nein, lässt sich die App so datenschutzkonform wie oben erwähnt anwenden, muss er die Eltern lediglich über die Verwendung der App informieren.