Einstiegsfall

Einstiegsfall

Die Schule S möchte eine Jubiläumsfestschrift herausgeben und fragt sich, ob darin auch alle ehemaligen Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte namentlich aufgeführt werden dürfen.


Sachinformation

Aktuelle Meldungen
Veröffentlichung personenbezogener Daten in Dokumentationen

Gibt eine Schule für Schülerinnen, Schüler und Eltern Dokumentationen, insbesondere Jahresberichte heraus, so dürfen nach den Regelungen in den Schulordnungen folgende personenbezogene Daten enthalten sein:

  1. Namen, Geburtsdatum, Jahrgangsstufe und Klasse der Schülerinnen und Schüler,
  2. Namen, Lehrbefähigung und Verwendung der einzelnen Lehrkräfte,
  3. Angaben über besondere schulische Tätigkeiten und Funktionen einzelner Lehrkräfte, Schülerinnen, Schüler und Eltern (§ 49 Abs. 6 Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen - GrSchulO, § 89 Abs. 7 Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien - Übergreifende Schulordnung - ÜSchO, § 55 Abs. 7 Schulordnung für die öffentlichen berufsbildenden Schulen - BBiSchulO, § 91 Abs. 6 Schulordnung für die öffentlichen Sonderschulen - SoSchulO).

In den genannten Schulordnungen wurde jedoch keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen, ob auch die Daten von ehemaligen Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern aufgenommen werden dürfen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) vertritt hierzu in Übereinstimmung mit dem Ministerium für Bildung die Auffassung, dass der Verordnungsgeber aus Praktikabilitätsgründen auch solche Dokumentationen erfassen wollte, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken, damit solche Vorhaben letztlich überhaupt mit einem vertretbaren Aufwand realisiert werden können. Bei der Neufassung der ÜSchO wurde dies in § 89 Abs. 7 S. 2 klargestellt.

Zur Untermalung der Dokumentation dürfen auch Klassenfotos, die für Leserinnen und Leser meist von besonderem Interesse sind, mit aufgenommen werden. Der Verordnungsgeber ist hiervon wie selbstverständlich ausgegangen, da in der Begründung zur ÜSchO die Zulässigkeit der diesbezüglichen Praxis nahezu beiläufig erwähnt wird.

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Lehrkraft keinen Anspruch auf Entfernung von Bildern ihrer Person aus einem Schuljahrbuch zusteht, wenn sie sich freiwillig bei einem entsprechenden Fototermin hat ablichten lassen und das Foto im dienstlichen Bereich in einer unverfänglichen, gestellten Situation aufgenommen worden ist (Beschluss vom 4. Februar 2020, Az: 2 A 11539/19.OVG). Nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) bedürfe es schon keiner Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung, da die beanstandeten Klassenfotos dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen seien. Jahrbücher mit Klassenfotos seien jedenfalls von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung für die Angehörigen der Schule und die Schule habe ein berechtigtes Interesse daran, sich gegenüber diesem (beschränkten) Personenkreis nach außen darzustellen.

Veröffentlichung personenbezogener Daten auf der Schulwebsite

Auf der Schulwebsite soll in den meisten Fällen das gesamte Personal der Schule (Lehrerkollegium, Schulleitung, Schulsekretariat, Hausmeister) mit Namensnennung und Bild veröffentlicht werden.

Unterhält eine Schule eine eigene Website, so gilt für das Einstellen personenbezogener Daten ins Internet Folgendes:

Datenschutzrechtlich liegt in der Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet eine „Datenübermittlung an nicht-öffentliche Stellen“ nach § 67 Abs. 6 Schulgesetz (SchulG). Hiernach ist die Übermittlung in Form der Veröffentlichung nur zulässig, wenn die Betroffenen eingewilligt haben.

Dies bedeutet, dass personenbezogene Daten von Schülerinnen, Schülern und Eltern nur mit einer entsprechenden Einwilligungserklärung (bei Minderjährigen: Einwilligung der Eltern) ins Netz gestellt werden dürfen. Bei Schülerinnen und Schülern empfiehlt es sich, bereits bei Schulaufnahme eine entsprechende Erklärung einzuholen. Da die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann, ist es nicht erforderlich, diese Prozedur jährlich zu wiederholen.
Bei Lehrkräften dürfen nach der vom LfDI vertretenen „Amtsträgertheorie“ Name, Lehrbefähigung und Funktion sowie dienstliche Erreichbarkeitsangaben grundsätzlich auch ohne Einwilligung veröffentlicht werden. Denn hier steht das Handeln eines Amtswalters als Teil des Staates im Vordergrund und nicht die Wahrnehmung vom informationellen Selbstbestimmungsrecht als Teil des Persönlichkeitsgrundrechts. Öffentlich Bedienstete können sich daher im Rahmen ihrer nach außen gerichteten Tätigkeit nicht auf ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung berufen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieser Argumentation angeschlossen und in seinem Beschluss vom 12. März 2008 (Az: 2 B 131.07) herausgestellt, dass kein öffentlich Bediensteter einen Anspruch darauf habe, „abgeschirmt“ zu werden, es sei denn, legitime Interessen z. B. der Sicherheit gebieten dies. Bei Personen mit Außenkontakt liege es im organisatorischen Ermessen der Behörde, auf welche Art und Weise Name und Erreichbarkeit des zuständigen Ansprechpartners bekannt gegeben werden. Auch der BGH hat in seinem Urteil zur Zulässigkeit des Bewertungsportals „spickmich.de“ betont, dass Bewertungen der beruflichen Tätigkeit von Lehrkräften nicht den gleichen Schutz genießen, wie in der Privatsphäre (Urteil vom 23. Juni 2009, Az: VI ZR 196/08).

Das Ministerium für Bildung hat zur Stärkung der Rechte der Bediensteten hierüber hinaus gehend empfohlen, bei Lehrerinnen und Lehrern, die nicht der Schulleitung angehören, die Einwilligung zur Veröffentlichung auch von Name, Lehrbefähigung und Funktion einzuholen. Stimmt die Lehrkraft nicht zu, sollen ihre Daten nicht im Internet veröffentlicht werden.

Zur Veröffentlichung von Daten der Eltern- und Schüler*innenvertretung siehe Baustein 1.5 - Eltern- und SchülerInnenvertretungen.

Das Nennen von Namen in Berichten im Internet über besondere Ereignisse ist ebenfalls nur dann ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn derjenige in seiner Eigenschaft als Funktionsträger der Schule an diesem Ereignis teil hatte. Andernfalls bedarf es wiederum der Einwilligung.

Personenabbildungen im Internet

Völlig unproblematisch ist die Veröffentlichung von Fotos, auf denen die Abgebildeten nicht erkennbar sind, beispielsweise wenn Fotos einer Webcam, die in ausreichender Höhe Aufnahmen vom Schulhof fertigt, ins Netz gestellt werden.

Wenn jedoch einzelne Personen erkennbar sind, kommen die Bestimmungen zum KunstUrhG zur Anwendung. Nach § 22 KunstUrhG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Dies bedeutet, dass Fotos von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften grundsätzlich nur mit schriftlicher Einwilligung (bei Minderjährigen: Einwilligung der Eltern) im Internet veröffentlich werden dürfen. Verstöße hiergegen sind nach § 33 KunstUrhG strafbewehrt.

Das KunstUrhG sieht lediglich dann Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis vor, wenn Personen als „Beiwerk“ neben einer Örtlichkeit (z. B. Schulgebäude) abgebildet werden oder es sich um Bilder von „Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Veranstaltungen“ handelt, an denen die Personen teilgenommen haben (§ 23 Abs. 1 KunstUrhG).

Unter den letztgenannten Punkt können auch schulische Veranstaltungen (z. B. Sportfeste, Schulfeste, Tag der offenen Tür) fallen. Letztlich ist es eine Frage des Einzelfalls, ob bei der Abbildung die Dokumentation des Ereignisses oder Personenabbildungen im wahrsten Sinne „im Vordergrund stehen“. Es ist daher ratsam, auch die Veröffentlichung von Fotos bei Schulveranstaltungen in den Einwilligungstext mit aufzunehmen.


Gesetze und Vorschriften

Aktualisierte Inhalte

Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 3.6 - Veröffentlichung personenbezogener Daten - relevant sind.

§ 89 Abs. 7 ÜSchO§ 49 Abs. 6 GrSchulO§ 55 Abs. 7 BBiSchulO§ 55 Abs. 7 FöSchulO - personenbezogene Daten in Dokumentationen

§ 89 Abs. 7 S. 2 ÜSchO – Verarbeitung personenbezogener Daten

§§ 22 f. KunstUrhG - Recht am eigenen Bilde

§ 20 LDSG - Datenverarbeitung bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen

§ 67 Abs. 5 SchulG - Übermittlung personenbezogener Daten


Quellen und Links

Quellen und Links

Hier finden Sie eine Übersicht über die in Baustein 3.6 - Veröffentlichung personenbezogener Daten - verwendeten Quellen und weiterführende Links.

Günther Hörz, Susanne Pacher: Internet und Recht in der Schule. Rechtliche Grundlagen und Hilfestellungen für die Schulleitung. Stuttgart 2001.

Holger Brocks: Praxishandbuch Schuldatenschutz. Hg. v. Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein. 2. Auflage, Kiel 2009.
Abrufbar unter https://www.datenschutzzentrum.de/uploads/schulen/dokumente/praxishandbuch-schuldatenschutz.pdf

Präsentation von Klassenfotos und personenbezogenen Daten im Internet. In: 17. Tätigkeitsbericht des LfDI. Landtag Rheinland-Pfalz: Drucksache 13/4836. Oktober 1999. Tz. 8.1.7.
Abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/service/informationen-downloads/taetigkeitsberichte

Musterformulare für Schulen des LfDI auf der Seite „Recht am eigenen Bild“
Abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/themen/recht-am-eigenen-bild/

Zur informationellen Selbstbestimmung öffentlich Bediensteter: BVerwG, Az: 2 B 131.07
Abrufbar unter https://www.bverwg.de/de/120308B2B131.07.0

Ebenfalls dazu: BGH, Az: VI ZR 196/08
Abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=48601&pos=0&anz=1


Weitere Fallbeispiele

Weitere Fallbeispiele

Hier finden Sie zu Baustein 3.6 - Veröffentlichung personenbezogener Daten - passende Fallbeispiele.

Die A-Schule möchte Auszüge aus der Jubiläumsfestschrift in einer begleitenden Ausstellung zeigen. Ist dies zulässig?

Lösung:

Ja! Soweit die personenbezogenen Daten in der Festschrift zulässigerweise veröffentlicht wurden, ist ebenfalls die Nutzung in einer begleitenden Ausstellung datenschutzrechtlich unbedenklich.

Schule S veröffentlicht jedes Jahr einen Schulbericht, der an alle Lehrkräfte und Pensionäre ausgehändigt bzw. übersandt wird. In diesem Jahr soll auch die Rede des Schulleiters anlässlich der Verabschiedung eines Kollegen in den Ruhestand abgedruckt werden. In der Rede wurden auch Informationen über die außerdienstlichen Aktivitäten des Kollegen verwendet, die nicht allgemein bekannt sind. Außerdem soll ein Gedicht aufgenommen werden, das von den Abiturientinnen und Abiturienten gefertigt wurde und in dem auch einzelne Lehrkräfte mit besonderen Eigenschaften und tatsächlichen oder vermeintlichen Schwächen dargestellt werden. Ist dies zulässig?

Lösung:

Nein! Die Informationen über den Ruhestandsbeamten haben keinen dienstlichen Bezug und dürfen daher nur mit dessen Einwilligung veröffentlicht werden. Auch bei dem Gedicht ist daher Zurückhaltung geboten: Soweit personenbezogene Informationen, die den privaten Bereich der Lehrkräfte betreffen, dargestellt werden, ist die Einwilligung Voraussetzung für eine Veröffentlichung. Es kommt hinzu, dass eine Datennutzung im Jahresbericht der Schule den situationsbedingt erstellten Texten ein weiteres Forum eröffnet und dass die Texte durch die amtliche Autorität des Herausgebers eine besondere Bedeutung gewinnen.

Sportlehrer S macht im Sportunterricht Fotos, um auftretende Fehler beim Bau einer „Turmpyramide“ mit den Schülerinnen und Schülern besser analysieren zu können. Die Aufnahmen sollen später auf der Schulwebsite veröffentlicht werden. Als die Eltern von den Fotos erfahren, verlangen sie deren Löschung. Sind sie im Recht?

Lösung

Ja! Das Anfertigen von Fotos im Unterricht ist in § 67 Abs. 3 SchulG spezialgesetzlich geregelt. Hiernach dürfen zu Zwecken der Qualitätsentwicklung im Unterricht Bildaufnahmen gefertigt werden, wenn die Betroffenen (bei Minderjährigen: die Eltern) rechtzeitig unterrichtet wurden und diese nicht widersprochen haben. Erfolgten die Fotoaufnahmen ohne Kenntnis der Betroffenen, sind sie wegen Verstoßes gegen § 67 Abs. 4 SchulG zu löschen bzw. zu vernichten.

Nachdem das Schulgebäude eines Nachts verschmiert und beschädigt wurde, soll die Videoüberwachung des Schulhofs nun für Abhilfe sorgen. Es ist beabsichtigt, eine Webcam zu installieren, die außerhalb des Schulbetriebs über Bewegungsmelder aktiviert wird und die gefertigten Aufnahmen zur Abschreckung direkt ins Netz stellt. Wäre diese Form der Videoüberwachung zulässig?

Lösung:

Nein! Sofern die Webcam personenscharfe Fotos fertigt, ist der Anwendungsbereich der datenschutzrechtlichen Bestimmungen eröffnet. Die Videoüberwachung ist in § 21 LDSG spezialgesetzlich geregelt. Die hier genannten Regelungen sehen u. a. vor, dass die Videoüberwachung nur zulässig ist, soweit dies zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Im vorliegenden Fall würden Fotos von unbeteiligten Personen ins Internet gestellt, die sich außerhalb des Schulbetriebs auf dem Schulgelände aufhalten, auch wenn diese lediglich beispielsweise an abendlichen (Schul-)Veranstaltungen oder Kursen, die in der Schule angeboten werden, teilnehmen. Hier überwiegen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen, so dass diese Form der Videoüberwachung nicht zulässig wäre.

Grundschule G hat auf ihrer Website ohne Einwilligung der betroffenen Eltern die Namen der neuen Schülerinnen und Schüler veröffentlicht. Die Eltern beschweren sich bei der Stadtverwaltung als Schulträger. Die Stadt verweist auf die Schule als verantwortliche Stelle. Wer haftet für etwaige Schadensersatzansprüche?

Lösung:

„Verantwortlicher“ im Sinne der DS-GVO ist, wer allein oder gemeinsam mit anderen über Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung entscheidet (Art. 4 Nr. 7 DS-GVO). Die Verantwortung für die sachliche Ausstattung einer Schule und damit auch für die eingesetzte Informationstechnik liegt beim Schulträger (§§ 74 ff. SchulG), eine Verantwortlichkeit für die Inhalte des Internet-Angebots einer Schule nach § 7 Abs. 1 Telemediengesetz (TMG) geht damit aber nicht einher. Hier ist also die Schule verantwortlich. Für Schadensersatzansprüche würde das Land haften.

Die SchülerInnenvertretung macht den Vorschlag, den Vertretungsplan künftig online vorzuhalten. Wäre dies zulässig?

Lösung:

Bei den Online-Vertretungsplänen gilt es die berechtigten Interessen der Schülerinnen und Schüler, gerade bei langen Wegezeiten möglichst frühzeitig über einen Unterrichtsausfall informiert zu sein, abzuwägen mit dem ebenfalls berechtigten Interesse der Lehrkräfte, Hinweise über dienstliche Abwesenheiten als Personaldaten vertraulich zu behandeln. Dabei gilt folgende Regel: Je weniger personenbezogene Daten im Vertretungsplan selbst vorgehalten werden, desto geringer sind auch die zu stellenden technisch-organisatorischen Anforderungen. Wenn beispielsweise lediglich Raumänderungen mitgeteilt werden oder über die bloße Tatsache des Unterrichtsausfalls informiert wird und dabei nur die Klassen/Kurse genannt werden, genügt es, wenn der Zugang über eine Benutzerkennung und ein schulintern bekanntes Passwort erfolgt. Für den Fall, dass im Vertretungsplan dagegen Lehrkräfte namentlich bezeichnet werden, ist aus technisch-organisatorischer Sicht die Einrichtung einer geschlossenen Benutzergruppe unter Verwendung eines individuellen Passwortes erforderlich.