Außerunterrichtliche Nutzung digitaler Medien
Baustein 6
Einstiegsfall
Für den Wettbewerb „Demokratisch handeln“ wollen Schülerinnen und Schüler der A-Realschule plus gemeinsam mit einer betreuenden Lehrkraft außerhalb des Unterrichts Informationen über die Demokratieformen von heute zusammenstellen. Dafür möchten sie Materialien, die sie im Internet und auf sozialen Medien finden, auf der Lernplattform der Schule einstellen. Hieraus soll eine Multimedia-Präsentation entstehen. Was ist dabei zu beachten?
Sachinformation
Die digitalen Medien spielen für den Schulalltag eine immer größere Rolle. Die Nutzung der schulischen Infrastruktur wird für Schülerinnen und Schüler immer selbstverständlicher und bietet auch im Rahmen der Ganztagsschulen oder bei außerschulischer Projektarbeit viele Möglichkeiten der Einbindung an.
Da häufig der Umgang mit den digitalen Endgeräten, dem Internet und insbesondere mit den sozialen Medien von den Schülerinnen und Schülern nur unzureichend reflektiert wird, ist es Aufgabe der Schule, Medienkompetenz im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrags zu fördern und einen kritischen und altersgerechten Zugang zu vermitteln. Hierfür ist wichtig, dass Schulleitungen und Lehrkräfte mit den rechtlichen Rahmenbedingungen im außerschulischen Bereich vertraut sind. Trotz der Chancen, die digitale Medien bieten, ergeben sich Risiken. So können nicht zuletzt durch die mitgebrachten digitalen Endgeräte jugendgefährdende Inhalte in die Schule gelangen. Dürfen die Schülerinnen und Schüler das WLAN der Schule nutzen, ist es trotz aktueller Filterprogramme möglich, dass innerhalb der Schule unpassende Inhalte auf die Schülerinnen und Schüler einwirken. Hier gibt es Gefahren, denen Schülerinnen und Schüler – nicht unbedingt absichtlich – begegnen können. Lehrkräfte unterliegen in dieser Situation besonderen Aufsichtspflichten. Sie sollten die Gesprächsthemen der Schülerinnen und Schüler verfolgen und es ansprechen, wenn es um prekäre Filme oder Bilder geht. Ziel sollte dabei immer sein, Reflexionsprozesse anzustoßen. Denn Schülerinnen und Schüler müssen den kritischen Umgang mit den Medien lernen. Sinnvoll ist es, die Eltern ebenfalls mit ins Boot zu holen und im Rahmen von Elternabenden über potenzielle Gefahren und Präventionsmöglichkeiten zu informieren. Personelle und finanzielle Unterstützung bei der Durchführung solcher Veranstaltungen erhalten Schulen im Rahmen des 10-Punkte-Programms der Landesregierung Rheinland-Pfalz.
Nicht außer Acht zu lassen ist der Umstand, dass das Internet ein sehr hohes Ablenkungspotenzial birgt. Nutzerinnen und Nutzer werden permanent dazu animiert, sich mit vorgeschlagenen Inhalten ablenken zu lassen und auch immer größer werdende Menge an Recherchematerial zu sammeln. Schülerinnen und Schüler neigen zudem noch dazu, sich in sozialen Medien aufzuhalten oder Spiele zu spielen.
Doch eine ständige Überwachung der Schülerinnen und Schüler ist unmöglich und im heutigen Unterricht im Hinblick auf das Datengeheimnis, aber auch hinsichtlich einer Erziehung zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung nicht erstrebenswert.
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit diesen Problempunkten und erörtert, was Schulleitungen und Lehrkräfte rechtlich beachten müssen.
Aufsichtspflicht
Auch in Arbeitsgemeinschaften oder Projektarbeiten gelten gleiche Bedingungen wie im Unterricht. So haben Lehrkräfte Aufsichtspflichten gegenüber den Schülerinnen und Schülern, die selbstständig und außerhalb des Unterrichts an Themen arbeiten und hierfür im Internet recherchieren. Die Aufsichtspflicht umfasst zum einen die Pflicht, Schaden von den Schülerinnen und Schülern abzuwenden, andererseits ist sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler keinen Schaden anrichten, näheres siehe dazu Baustein 5.6 - Jugendgefährdende Inhalte.
Bevor die außerunterrichtliche Arbeit startet, sollte mit den Schülerinnen und Schülern eine Nutzungsordnung vereinbart werden, die klarstellt, dass rechtswidrige und jugendgefährdende Inhalte auf den Plattformen und den Geräten nicht erlaubt sind und welche Sanktionen es bei Verstößen hiergegen gibt. Ein Muster für ein solches Regelwerk wurde vom Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) entworfen und steht auf der Seite des LfDI zum Download bereit (siehe unter Quellen und Links).
Befinden sich die Schülerinnen und Schüler in einem Medienraum oder arbeiten sie mit Tablets, muss die Lehrkraft zumindest stichprobenartig überprüfen, ob nicht jugendgefährdende Inhalte auf die Geräte geladen und anderen Kindern bzw. Jugendlichen zugänglich gemacht werden. Um das Surfverhalten der Schülerinnen und Schüler besser im Blick zu haben, können die digitalen Endgeräte (zum Beispiel Tablets) so angeordnet werden, dass die Lehrkräfte von ihrem Platz aus die Bildschirme einsehen können. Außerdem besteht die Möglichkeit, mit Hilfe des sogenannten „Monitorings“ Inhalte auf den Geräten der Schülerinnen und Schüler vom Gerät der Lehrkraft aus einzusehen. Hier sind selbstverständlich das Alter der Schülerinnen und Schüler und ihr bisheriges Surfverhalten zu beachten. Erlaubt die Nutzungsordnung der Schule die private Nutzung des Internets, darf das Internetverhalten von Einzelpersonen nicht aufgezeichnet und gespeichert werden (Näheres hierzu siehe ebenfalls in der Musternutzungsordnung des LfDI). Das bedeutet, dass auch der Verlauf der aufgerufenen Internetseiten, der im Browser nachzuverfolgen ist, nur anonym und nicht hinsichtlich der einzelnen Schülerinnen und Schüler überprüft werden darf. Die Privatsphäre und das Fernmeldegeheimnis der Schülerinnen und Schüler sind immer zu beachten. Näheres hierzu ist im Baustein 2.1 - Verwaltung der PC-Hardware und Mobile-Device-Management (MDM) zu lesen.
Arbeiten Schülerinnen und Schüler von zuhause aus auf digitalen Schulplattformen oder in der Schule mit eigenen Geräten, ist es für Lehrkräfte fast unmöglich, Aufsicht zu führen. Ein Einschreiten kommt nur in Frage, wenn ein konkreter Anlass oder sogar positive Kenntnis eines Verstoßes gegen die Nutzungsordnung vorliegen.
In einigen Bereichen können Aufsichtspflichten auch an andere Personen delegiert werden. Beispielsweise kann die Schulleitung den Mitarbeitenden der Schulbibliothek die Aufsichtspflicht für Schülerinnen und Schüler übertragen, die im Lernmanagementsystem arbeiten. Vorsicht ist geboten, wenn an ältere Schülerinnen und Schüler Aufsichtspflichten übergeben werden. Denn es gehört ebenfalls zur Aufsichtspflicht der Lehrkraft, bei der Delegation der Aufsichtspflicht die in Frage kommenden Personen sorgfältig auszuwählen. Hinsichtlich der Beauftragung von Schülerinnen und Schülern ist zu beachten, dass ältere Schülerinnen und Schüler allenfalls die Aufsicht der Lehrkraft ergänzen sollten. Auch die Übertragung der Aufsichtspflicht auf andere Personen wie beispielsweise Eltern unterliegt gewissen Anforderungen. Lehrkräfte müssen sicherstellen, dass die aufsichtführenden Personen die bestehenden Gefahren der digitalen Medien kennen und dass eine genaue Einweisung erfolgt. Sie müssen sowohl zuverlässig sein, als auch kompetent im Umgang mit den digitalen Medien.
Regelungsgrundlagen zur Aufsichtspflicht gegenüber Jugendlichen finden sich in der Verwaltungsvorschrift „Aufsicht in Schulen“. Ebenfalls zu beachten sind in diesem Zusammenhang das Jugendschutzgesetz (z. B. § 15 JuSchG), der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (§ 23 JMStV) und das Strafgesetzbuch (z. B. § 131 StGB), siehe auch Baustein 5.6 - Jugendgefährdende Inhalte.
Verwendung fremder und urheberrechtlich relevanter Inhalte
Die Lehrkraft muss weiter darauf achten, inwieweit die Schülerinnen und Schüler urheberrechtlich relevante Materialien verwenden wollen, und welche Nutzungsrechte es gibt. Hier spielt der § 60a Urheberrechtsgesetz (UrhG), der die schulische Nutzung von Werken regelt, eine große Rolle. Einzelheiten dazu finden sich in Baustein 5.1 - Nutzung von Filmen, Unterrichtsfilmen, Bildern, Musik, Websites im Unterricht. Empfehlenswert ist die Verwendung von gemeinfreien Inhalten. Dabei handelt es sich um Materialien, die für jeden öffentlich zugänglich sind und bei denen das Teilen und die Weiterentwicklung der Materialien im Vordergrund stehen. Die entstandenen Inhalte werden ihrerseits wieder unter Bedingungen bereitgestellt, die eine Weiterbearbeitung und Weitergabe ermöglichen sollen. Die Erschaffenden werden dabei gleichermaßen zu Nutzenden. Dadurch entsteht eine Vielzahl von Gemeinschaftswerken, siehe im Einzelnen hierzu Baustein 5.2 - Open Educational Resources - Bildungsmaterialien unter freier Lizenz. Es ist außerdem empfehlenswert, die Schülerinnen und Schüler anzuregen, kreativ zu werden und Bilder, Texte und Filme selbst herzustellen. Auch die rechtskonforme Anwendung von KI-Tools wie ChatGPT oder Stable Diffusion bietet Möglichkeiten zur Erschaffung von neuen Materialien. Dabei lassen sich der korrekte Umgang und die Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Schule erlernen. Siehe im Einzelnen hierzu Baustein 5.5 - Umgang mit Plagiaten und Täuschungsversuchen.
Es gibt inzwischen viele Projekte und Konzepte, in denen Schülerinnen und Schüler eigene Podcasts produzieren oder sogar eigene Filme entwerfen. Eine umfangreiche Sammlung finden Lehrkräfte zum Beispiel auf den Internetseiten www.lehrer-online.de oder www.mediaculture-online.de. Möchte eine Lehrkraft die so entstandenen Werke ihrer Schülerinnen und Schüler verwenden und gegebenenfalls sogar veröffentlichen, muss sie deren Einwilligung einholen, bei Schülerinnen und Schülern unter 18 Jahren ist ebenfalls die Einwilligung der Eltern notwendig.
Werden fremde Werke verwendet, genießen sie urheberrechtlichen Schutz und es müssen die entsprechenden Nutzungsrechte eingeholt werden. Hier ist zu beachten, dass es für den Bildungsbereich besondere erlaubte Nutzungen gibt, die die Verwendung von eigentlich geschützten Materialien ohne Genehmigung und ohne Vergütung zulässt. So können beispielsweise zur Präsentation von Lerninhalten 15 % von Werken – bei Schulbüchern jedoch nicht mehr als 20 Seiten – auf Lernplattformen geladen und mit anderen Werken zusammengefügt werden. Näheres hierzu siehe unter Baustein 5.1 - Nutzung von Filmen, Unterrichtsfilmen, Bildern, Musik, Websites im Unterricht.
Weitere Aspekte
Die WLAN-Nutzung für Schülerinnen und Schüler an der Schule behandelt im einzelnen Baustein 2.1 - Verwaltung der PC-Hardware und Mobile-Device-Management (MDM). Entscheidet eine Schule, dass Schülerinnen und Schüler ihre eigenen digitalen Endgeräte im Unterricht nutzen sollen, siehe hierzu Baustein 2.4 - Schülereigene mobile Endgeräte.
Im Einstiegsfall ist daher absolut erforderlich, dass die Schülerinnen und Schüler im sicheren Umgang mit den digitalen Medien geschult sind und wissen, welche Regelungen und Sanktionen bestehen. Optimalerweise wurden sie geschult und darüber aufgeklärt, welche Risiken die Nutzung birgt und verwenden für ihre Multimedia-Präsentation ausschließlich gemeinfreie oder erlaubte Inhalte.
Gesetze und Vorschriften
Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 6.1 - Außerunterrichtliche Nutzung digitaler Medien - relevant sind.
Art. 10 GG – Fernmeldegeheimnis
§ 23 JMStV – Strafbestimmung
§ 15 JuSchG – Jugendgefährdende Medien
§ 131 StGB – Gewaltdarstellung
§§ 44a ff. UrhG – Schranken des Urheberrechts
Verwaltungsvorschrift „Aufsicht in Schulen“ des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung vom 4. Juni 1999 (GAmtsbl. 1999, 328, GAmtsbl. 2002, 384, GAmtsbl. 2004, 439, Amtsbl. 2009, 458, Amtsbl. 2014, 322, GAmtsbl. 2019, 220)
Abrufbar unter: http://landesrecht.rlp.de/jportal/?quelle=jlink&docid=VVRP-VVRP000004518&psml=bsrlpprod.psml
Quellen und Links
Hier finden Sie eine Übersicht über die in Baustein 6.1 - Außerunterrichtliche Nutzung digitaler Medien - verwendeten Quellen und weiterführende Links.
Informationen der Unfallkasse Rheinland-Pfalz zu Aufsicht und Haftung in der Schule
Abrufbar unter: https://bildung.ukrlp.de/versicherte-leistungen/versicherte/schuelerinnen-schueler/aufsicht-und-haftung-in-der-schule
DigiBitS - Digitale Bildung trifft Schule - Bildungsangebot aus Onlineportal und Materialbox von Deutschland sicher im Netz e.V. (DsiN), Unterrichtseinheit: Voll smart: Meine Zukunft mit KI
Abrufbar unter https://www.digibits.de/materialien/digibits-unterrichtseinheit-voll-smart-meine-zukunft-mit-ki/
KI – Künstliche Intelligenz, Eintrag in der Wissensdatenbank für Schulen und Schulträger bei DigiKomp.Service, der Serviceplattform des Digitalen Kompetenzzentrums
Abrufbar unter https://digikomp-wissen.bildung-rp.de/de-de/123-ki-kunstliche-intelligenz
Nutzungsordnung Informations- und Kommunikationstechnik
Abrufbar bei Für die Praxis
Weitere Fallbeispiele
Hier finden Sie ein zu Baustein 6.1 - Außerunterrichtliche Nutzung digitaler Medien - passendes Fallbeispiel.
Lehrerin A möchte an den Projekttagen mit ihren Schülerinnen und Schülern ein Video herstellen und auf der Schulwebsite veröffentlichen, in dem der Song eines Youtubers umgesetzt wird, der seine Rechte über die GEMA verwaltet. Die Aufnahme des Videos, Regie, Kamera, Schnitt und Schauspiel sollen die Schülerinnen und Schüler selbst gestalten. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen muss A beachten?
Lösung:
Möchte Lehrerin A ein Video aus dem Internet verwenden, muss sie zunächst Kontakt zu dem Rechteinhaber, hier der GEMA, aufnehmen und das Einverständnis (meist in Form einer kostenpflichtigen Lizenz) einholen (§ 15 ff. UrhG), denn je nachdem wem das Video zugänglich gemacht werden soll, müssen sogenannte Aufführungsrechte erworben werden. Außerdem sind der Youtuber bzw. sind die im Video abgebildeten Personen Leistungsschutzberechtigte an der Darstellung und Interpretation, also Inhaber eines Verwertungsrechts.
Wird das Video nach seiner erzieherischen Zweckbestimmung lediglich einem begrenzten Kreis von Personen zugänglich gemacht, dient die Vorführung keinem Erwerbszweck. Wenn die Schülerinnen und Schüler als die ausübenden Künstler ferner keine Vergütung erhalten, so müssen die Aufführungsrechte nicht erworben werden. Soll das Video kommerziell verwertet werden oder wird es, wie hier, über die Veröffentlichung auf der Schulwebsite einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich gemacht, ist der Erwerb der Aufführungsrechte bei der GEMA erforderlich. Näheres siehe Baustein 5.3 - GEMA-Gebühren.
Lehrerin A ist zu empfehlen, auf gemeinfreie Werke zurückzugreifen. Alternativ könnte sie ebenfalls Werke verwenden, die bereits als OER veröffentlicht wurden. Dies hätte den Vorteil, dass die Nutzung gestattet wäre. Weiterhin sollte A beachten, dass die beteiligten Schülerinnen und Schüler durch die eigenständige Produktion ebenfalls zu Leistungsberechtigten werden und einer Veröffentlichung – eventuell vertreten durch die Eltern – zustimmen müssen.