Umgang mit Plagiaten und Täuschungsversuchen
Baustein 5
Einstiegsfall
Lehrer A korrigiert die Referate seiner Schülerinnen und Schüler. Bei Schüler B fällt ihm auf, dass verschiedene Schriftarten verwendet werden. Außerdem wechseln sich Passagen ohne Rechtschreibfehler und solche mit vielen Rechtschreibfehlern ab. A wird misstrauisch und gibt verschiedene Textauszüge in eine Suchmaschine ein. Es stellt sich heraus, dass der Schüler ganze Passagen eines Textes aus dem Internet übernommen hat.
Sachinformation
Es ist nicht neu, dass Schülerinnen und Schüler von anderen abschreiben, um bessere Noten zu bekommen. Durch die mediale Entwicklung der letzten Jahre, die Flut an Informationen aus dem Internet und zuletzt der Künstlichen Intelligenz (KI) in Gestalt von Anwendungen wie ChatGPT bekommt dieser Aspekt hingegen vollkommen neue Ausmaße. Per „copy and paste“ oder der Generierung von Texten und Bildern ist es möglich, ein ganzes Dokument in Sekundenschnelle in den eigenen Text einzubinden. Ebenso existieren Internetseiten, auf denen sich kopierte Texte umformulieren lassen, um die Herkunft zu verschleiern. Dass dies nicht nur das Erschleichen von Leistungen, sondern auch handfeste Rechtsverletzungen darstellen kann, die sogar strafrechtlich geahndet werden kann, z. B. nach §§ 106 ff. Urheberrechtsgesetz (UrhG), ist den Schülerinnen und Schülern oftmals nicht bewusst.
Plagiate
Bevor man eine Schülerin oder einen Schüler, die oder der vielleicht lediglich eine besonders gute Arbeit abgegeben hat, vorverurteilt, sollten Lehrkräfte sicherstellen, ob es sich tatsächlich um ein Plagiat handelt. Erst, wenn zweifelsfrei und beweisbar feststeht, dass es sich um eine fremde Arbeit handelt, kann dies schulische Konsequenzen nach sich ziehen. Es ist überdies ratsam, die Bewertungskriterien transparent zu gestalten und Fälschungen eindeutig nachzuweisen.
Inzwischen gibt es viele Möglichkeiten, derartige Verstöße zu verfolgen. Folgende Punkte lassen den Verdacht zu, dass Schülerinnen und Schüler sich fremde Texte oder andere Werke unbefugt einverleibt haben, um sie für sich zu verwenden:
- Wechsel zwischen Passagen mit und ohne Rechtschreibfehlern, hier auch die Verwendung alter Rechtschreibung,
- verschiedene Schriftarten oder Formatierungen im Text,
- Stilbrüche zwischen den eigenen und den vermeintlich fremden Texten,
- spezielle auffällige Wortwendungen, die nicht dem Alter der Schülerin oder des Schülers entsprechen.
Besteht der Verdacht, dass ein Plagiat für die Arbeit verwendet hat, kann die Lehrkraft zunächst anhand der Quellenangaben überprüfen, ob sich hier identische Texte verbergen. Es bietet sich an, in Internetlexika wie beispielsweise wikipedia.de nachzuschauen, ob fremde Texte übernommen wurden. Wird die Lehrkraft nicht fündig, besteht die Möglichkeit, die verdächtigen Textpassagen, einzelne Sätze oder auffällige Formulierungen in eine Suchmaschine einzugeben. Wird eine Textpassage als eindeutig fremd identifiziert, sollte sichergestellt werden, dass diese nicht ebenfalls ein Plagiat, sondern der Originaltext ist. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl an Referatsbörsen im Internet, in denen Lehrkräfte recherchieren können. Um besonders geschickten Schülerinnen und Schülern auf die Schliche zu kommen, gibt es inzwischen spezielle Computerprogramme, die Plagiate aufspüren können. Hierbei werden Textpassagen auch dahingehend überprüft, ob einzelne Begriffe lediglich durch Synonyme ersetzt wurden. Eine rechtliche Handhabe gegen das Abschreiben fremder Texte ergibt sich – neben den Urheberrechtsverletzungen, die nur vom Urheber selber geahndet werden können – aus dem § 55 Übergreifende Schulordnung (ÜSchO) sowie aus § 36 Schulordnung für die öffentlichen berufsbildenden Schulen (BBiSchulO). Denn dies kann als Täuschungsversuch gewertet werden. Danach kann die Lehrkraft die Wiederholung der Aufgabe anordnen, die Bewertung herabsetzen oder in einem schweren Fall die Note „ungenügend" erteilen. Wird der Täuschungsversuch während des Leistungsnachweises festgestellt, so kann die Lehrkraft in einem schweren Fall die Schülerin oder den Schüler von der weiteren Teilnahme ausschließen.
Täuschung durch KI-generierte Texte
Lassen Schülerinnen und Schüler sich Hausaufgaben durch KI generieren, ist aufgrund der Gemeinfreiheit solcher Inhalte möglicherweise kein Urheberrecht verletzt. Dennoch ist es natürlich nicht erlaubt, Hausaufgaben von einem Chatbot oder einer anderen Software erstellen zu lassen. Das Einreichen einer Hausaufgabe, die nicht vom Schüler selbst erstellt wurde, kann als Täuschungsversuch gewertet werden und kann zu Konsequenzen wie einer schlechteren Note oder (bei wiederholten Täuschungen) stärkeren Sanktionen führen.
Doch der Nachweis einer Täuschung ist schwierig bis unmöglich, sodass sich die Frage desschulischen Umgangs mit derartigen Hausaufgaben stellt. Eine mündliche Abfrage der Inhalte kann den tatsächlichen Wissensstand offenbaren. Stellt sich heraus, dass nur oberflächliches Wissen vorliegt und spezifische Fragen nicht beantwortet werden können, kann dies ein Indiz dafür sein, dass eine KI für die Hausaufgeben verwendet wurde. Ein klarer Täuschungsbeweis ist dies jedoch nicht. Inzwischen gibt es zwar Plattformen, die zumindest eine Wahrscheinlichkeit auswerfen, ob Texte maschinellen oder menschlichen Ursprungs sind, ein eindeutiger Beweis wird durch eine solche Wahrscheinlichkeit aber nicht erbracht.
Es ist daher wichtig, Schülerinnen und Schülern klar zu machen, welchen Sinn und Zweck Hausaufgaben haben. Sie geben den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse aus dem Unterricht zu vertiefen und sollen dazu beitragen, das Gelernte selbstständig anzuwenden, Probleme zu lösen und Lernfortschritte zu kontrollieren. Darüber hinaus helfen sie, Lernprozesse zu strukturieren und das Zeitmanagement des Einzelnen zu verbessern.
Eine rechtliche Handhabe gegen das Einreichen fremder Texte ergibt sich aus dem § 55 Übergreifende Schulordnung (ÜSchO) sowie aus § 36 Schulordnung für die öffentlichen berufsbildenden Schulen (BBiSchulO). Denn dies kann als Täuschungsversuch gewertet werden. Danach kann die Lehrkraft die Wiederholung der Aufgabe anordnen, die Bewertung herabsetzen oder in einem schweren Fall die Note „ungenügend" erteilen. Wird der Täuschungsversuch während des Leistungsnachweises festgestellt, so kann die Lehrkraft in einem schweren Fall die Schülerin oder den Schüler von der weiteren Teilnahme ausschließen. Weitere Informationen siehe Baustein: 5.10 - Künstliche Intelligenz und die rechtlichen Herausforderungen in der Schule.
Gesetze und Vorschriften
Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 5.5 - Umgang mit Plagiaten und Täuschungsversuchen - relevant sind.
§§ 106 ff. UrhG – Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke
§ 55 ÜSchO – Täuschungshandlungen und ordnungswidriges Verhalten bei Leistungsnachweisen
§ 36 BBiSchulO – Täuschungshandlungen und ordnungswidriges Verhalten bei Leistungsnachweisen
Quellen und Links
Hier finden Sie eine Übersicht über zu Baustein 5.5 - Umgang mit Plagiaten und Täuschungsversuchen - passenden Quellen und weiterführende Links.
Sammlung von Lerneinheiten zum Thema Plagiat für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, bereitgestellt von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Abrufbar unter https://plagiat.htw-berlin.de/lerneinheiten/
Beispieltexte für das Thema Plagiat in der Hausordnung von Schulen, bereitgestellt vom Bildungsserver Berlin-Brandenburg
Abrufbar unter https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/hausordnung
Klicksafe Artikel „ChatGPT in der Schule – wie damit umgehen?“
Abrufbar unter https://www.klicksafe.de/news/chatgpt-in-der-schule-wie-damit-umgehen