Verwendung von Social Media im Schulbereich
Datenschutzrechtliche Anforderungen
Einstiegsfall
Da die Anzahl der Schülerinnen und Schüler am Gymnasium G rückläufig ist, möchte die Schulleitung Kinder und Eltern auch mit Hilfe von Social Media ansprechen und daher zur Darstellung des Schullebens und der pädagogischen Angebote der Schule die Plattformen TikTok, Facebook und Instagram nutzen. Was ist dabei zu beachten?
Sachinformation
Für die schulische Öffentlichkeitsarbeit werden neben Websites vermehrt Social Media-Angebote wie Facebook oder Instagram genutzt. Diese Praxis ist jedoch mit Blick auf mögliche datenschutzrechtliche Problematiken Bedenken ausgesetzt. Kritisch sehen die Datenschutzbeauftragten insbesondere die Profilbildung, die die Anbieter mit ihren verschiedenen Diensten betreiben, die oft einem gemeinsamen Mutterkonzern angehören, auch wenn seit dem im Februar 2024 in Kraft getretenen Gesetz über digitale Dienste gilt, dass Nutzende über die Profilbildung umfassend informiert werden müssen. Für Schulen als öffentliche Stellen gelten zudem strengere Vorgaben bei der Nutzung von Social Media-Plattformen als für Privatpersonen oder Unternehmen. Ein entsprechender Handlungsrahmen und Musterformulierungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) erläutert, unter welchen Voraussetzungen eine Nutzung überhaupt möglich wäre (siehe unter Quellen und Links).
Unternehmen und öffentliche Stellen, die soziale Netzwerke nutzen, müssen besonderen datenschutzrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen. Denn die Erfahrung der Aufsichtsbehörden zeigt, dass der Schutz der Privatsphäre von den Betreibern sozialer Netzwerke nicht immer hinreichend beachtet wird.
Häufig vertrauen die Nutzenden den Betreibern dieser Dienste sehr persönliche Informationen an. Auch die Vielfalt der Informationen, die innerhalb eines Netzwerkes aktiv eingestellt oder über die Nutzerinnen und Nutzer erhoben werden, ermöglicht einen tiefen Einblick in deren persönliche Lebensgestaltung.
Social Media-Dienste wie Facebook, X (vormals Twitter), Instagram oder WhatsApp sind zu einem wesentlichen Bestandteil im beruflichen und privaten Informations- und Kommunikationsverhalten vieler Nutzenden geworden. Bei Social Media-Diensten handelt es sich vielfach um mehrstufige Anbieterverhältnisse, bei denen der jeweilige Informations- oder Kommunikationsdienst auf einer Plattform angeboten wird, die Dritte bereitstellen und bei denen Daten im Rahmen eigener Geschäftszwecke des Plattformbetreibers verarbeitet werden. Dies macht Social Media-Dienste aus Nutzerperspektive schwer durchschaubar und aus rechtlicher Sicht häufig problematisch, gerade im Hinblick auf Verantwortlichkeiten.
Verwendung von sozialen Medien wie beispielsweise Facebook-Seiten und Instagram-Profilen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Entscheidung vom 5. Juni 2018 zum Betrieb von Facebook-Fanpages festgestellt, dass nicht nur der Meta-Konzern (vormals Facebook) selbst, sondern auch der jeweilige Betreiber einer Facebook-Seite datenschutzrechtlich verantwortlich ist. Öffentliche Stellen, die eine Facebook-Seite betreiben, sind daher als datenschutzrechtlich Verantwortliche zu sehen. Die Betreiber benötigen deshalb eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Nutzungsdaten und müssen auch alle weiteren Pflichten als Verantwortliche erfüllen. Staatliche Stellen unterliegen einer verfassungsrechtlichen Bindung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip), stehen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Vorbildfunktion in einer besonderen Verantwortung und müssen eine rechtskonforme Datenverarbeitung sicherstellen und nachweisen können.
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat hierfür eine Liste mit häufig gestellten datenschutzrechtlichen Fragen und den dazugehörigen Antworten (FAQ) zu Facebook-Seiten verfasst. Hier wird erklärt, warum der Betrieb von Facebook-Seiten datenschutzrechtlich immer noch problematisch ist und warum Verantwortliche in der aktuellen Situation den datenschutzkonformen Betrieb nicht gewährleisten können. Ähnliche Maßstäbe lassen sich auch für andere soziale Netzwerke und Plattformen wie beispielsweise Instagram oder TikTok anlegen.
Die Schule als öffentliche Stelle muss nach dem derzeitigen Stand folgende Anforderungen erfüllen, wenn sie soziale Medien nutzen möchten:
- Durchführung einer datenschutzrechtlichen Folgenabschätzung und Dokumentation und Bewertung der Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen.
- Vorliegen einer Rechtsgrundlage, die den Grundsätzen der Erforderlichkeit, Zweckbindung und Verhältnismäßigkeit entspricht.
- Transparente und umfassende Information an die betroffenen Personen und ihre Möglichkeit, der Datenverarbeitung zu widersprechen oder ihre Einwilligung zu widerrufen.
- Technische und organisatorische Maßnahmen, die die Datenverarbeitung minimieren, pseudonymisieren oder anonymisieren und die Sicherheit der Daten gewährleisten.
- Abschluss von Standardvertragsklauseln oder Zertifizierung der amerikanischen sozialen Medien nach dem EU-US Data Privacy Framework.
- Angebot von alternativen Kommunikationsmöglichkeiten außerhalb der amerikanischen sozialen Medien, um den Dialog mit den betroffenen Personen zu ermöglichen. Im Einzelnen siehe dazu die Hinweise des LfDI unter Quellen und Links.
Die Schule aus dem Einstiegsfall wäre im Falle des Betreibens einer Seite auf einem der beabsichtigten US-amerikanischen Dienste somit die verantwortliche Stelle und verhielte sich als solche nicht rechtskonform.
Verwendung von Social Plugins („Like-Button“) auf der eigenen Schulwebsite
Die meisten Schulen in Rheinland-Pfalz sind im Internet mit einer eigenen Website präsent. Viele haben auf ihren Internetseiten kleine Symbole insbesondere von Facebook, X oder Instagram als sogenannte „Social Plugins“ integriert. Durch die Einbindung des Like-Buttons erhält der Social Media-Anbieter Kenntnis darüber, dass eine Nutzerin oder ein Nutzer (repräsentiert durch die IP-Adresse) diese Seite aufgerufen hat. Diese Plugins können jedoch personenbezogene Daten an die Netzwerke übermitteln, ohne dass diese dem zugestimmt haben oder darüber informiert sind, was einen Verstoß das Gesetz über die digitalen Dienste (GdD) und die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) darstellt. Daher werden passive oder deaktivierte Plugins empfohlen, die erst durch einen Klick der Nutzenden aktiviert werden können (Zwei-Klick-Lösung oder Shariff-Button). Außerdem sollte eine wirksame Einwilligung vor der Übermittlung von Daten an die Netzwerke eingeholt werden. Schulen benötigen darüber hinaus eine transparente und umfassende Datenschutzerklärung, die die Art, den Umfang und den Zweck der Datenverarbeitung durch die Plugins erläutert. Nähere Informationen dazu finden Sie im Baustein 3.1 - Die Schulwebsite sowie unter Quellen und Links.
Kommunikation zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern über Soziale Netzwerke insbesondere WhatsApp – datenschutzrechtliche Anforderungen
Selbstverständlich ist es Lehrkräften unbenommen, sich im Rahmen ihrer privaten Lebensgestaltung so zu verhalten, wie es ihnen beliebt. Dies schließt die Mitgliedschaft in Sozialen Netzwerken mit ein. Aber auch bei privaten Aktivitäten von öffentlich Bediensteten sind mitunter dienstliche Regeln zu beachten. So besagt die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht, dass das Verhalten einer Beamtin oder eines Beamten auch außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die ihr Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG). Verstöße gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht stellen Dienstvergehen dar, welche disziplinarisch geahndet werden können.
Gerade bei der Ausübung des Lehrerberufs kommt der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht eine besondere Bedeutung zu. Lehrkräfte sind nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Schülerinnen und Schüler verpflichtet. Sie müssen insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen fördern und schützen (Urteil vom 19. August 2012: BVerwG, Az: 2 C 5/10). Sie haben insoweit eine Vorbildfunktion, der sie auch im Rahmen ihrer privaten Lebensführung gerecht werden müssen. Von Lehrerinnen und Lehrern wird daher erwartet, dass sie sich aufgrund ihres Erziehungsauftrags gegenüber den Schülerinnen und Schülern innerhalb und außerhalb des Dienstes regelgerecht verhalten.
Beim Messenger-Dienst WhatsApp besteht die Besonderheit, dass der Dienst regelmäßig mehrmals täglich die Telefonnummern im Mobiltelefonadressbuch der Nutzerinnen und Nutzer ausliest. Betroffen davon sind nicht nur deren Telefonnummern, sondern auch Personen, die mit WhatsApp in keinerlei Verbindung stehen. WhatsApp verlagert die Verantwortung hierfür auf die Nutzerinnen und Nutzer, indem diese mit der Anerkennung der Nutzungsbedingungen bestätigen, zur Weitergabe der Daten autorisiert zu sein.
Die dabei unterstellte Absprache mit den im jeweiligen Adressbuch genannten Personen über deren Einverständnis zur Weitergabe ihrer Daten an WhatsApp bzw. die Löschung der Kontakte, die ihre Einwilligung hierzu nicht erteilen, erfolgt jedoch in der Praxis nicht. Damit werden in den allermeisten Fällen Daten ohne Kenntnis und Zustimmung Betroffener an WhatsApp übermittelt.
Eine Nutzung für persönliche oder familiäre Zwecke, wie sie für eine WhatsApp-Nutzung von Privatpersonen wohl überwiegend anzunehmen ist, unterfällt nicht der DS-GVO (Art. 2 Abs. 2 lit c DSGVO). Dies bedeutet, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden bei der privaten WhatsApp-Nutzung nicht tätig werden können. Betroffene, die mit der Übermittlung ihrer Daten an WhatsApp nicht einverstanden sind, können aber zivilrechtliche Ansprüche (z. B. in Form von Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen) geltend machen. Näheres hierzu finden Sie im familiengerichtlichen Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 15. Mai 2017 unter Quellen und Links.
Sofern eine Lehrkraft es als notwendig erachtet, über Messenger mit Eltern, Schülerinnen und Schülern zu kommunizieren, kommen nur europäische Anbieter mit Sitz innerhalb des Geltungsbereichs der DS-GVO, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten, in Betracht (siehe z. B. "Messenger Matrix" unter Quellen und Links).
Zur schulischen Kommunikation zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern steht den Schulen aber u. a. eine landeseigene, kostenfreie, auf Moodle basierende Lernplattform zur Verfügung, siehe Quellen und Links. Diese gewährleistet die Datensicherheit durch die Verwendung eines landeseigenen Servers.
Gesetze und Vorschriften
Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 3.5 - Verwendung von Social Media im Schulbereich - relevant sind.
Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG)
§§ 1 Abs. 5, 25 Abs. 3 SchulG - Distanzgebot
§ 67 SchulG - Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Schulbereich
§ 34 Satz 3 BeamtStG - Außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht
Quellen und Links
Hier finden Sie eine Übersicht über die in Baustein 3.5 - Verwendung von Social Media im Schulbereich - verwendeten Quellen und weiterführende Links.
Themenbereich "Social Media Dienste" auf der Internetseite des LFDI
Abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/themen/social-media
"Handlungsrahmen für die Nutzung von Social Media durch öffentliche Stellen", LFDI, Stand 06. März 2020
Abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/fileadmin/datenschutz/Dokumente/Handlungsrahmen_Soziale_Medien_20200306.pdf
Anwendungshinweise zum Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission zum Datenschutzrahmen EU‐USA (EU‐US Data Privacy Framework) vom 10. Juli 2023
Abrufbar unter: https://datenschutzkonferenz-online.de/media/ah/230904_DSK_Ah_EU_US.pdf
Beschlüsse der Datenschutzkonferenz
Abrufbar unter https://www.datenschutzkonferenz-online.de/beschluesse-dsk.html
Messenger Matrix, Überblick über die verschiedenen (technischen) Merkmale diverser Messenger, präsentiert von Kuketz-Blog
Abrufbar unter https://www.messenger-matrix.de/
Familiengerichtlicher Beschluss (Sorgerecht / Auflagen) bzgl. Aufsichtspflicht, Medien-Nutzung durch Minderjährige, Suchtgefahr des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 15. Mai 2017 Abrufbar unter https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190000030
Landeseigene IT-Dienstleistungen für Schulen
Abrufbar unter https://bildung.rlp.de/pl/leistungen/it-dienste.html
Weitere Fallbeispiele
Hier finden Sie zu Baustein 3.5 - Verwendung von Social Media im Schulbereich - passende Fallbeispiele.
Klassenlehrerin K entdeckt auf der Seite einer Schülerin ein freizügiges Foto. Daraufhin postet sie der Schülerin auf deren Pinnwand: "Schau dir dein Bild mal an. Du siehst aus wie eine Dorfmatratze. Wer ist auf dir schon alles rumgeritten? Sorry, aber da geht es mit mir durch. Ich bin Lehrerin und weiß, wie man sich verhält."
Wie ist dieser Hinweis zu beurteilen?
Lösung:
Hier liegt strafrechtlich eine Beleidigung durch K gem. § 185 Strafgesetzbuch (StGB) vor. Das Verhalten kann auch disziplinarisch geahndet werden. Der Hinweis auf das freizügige Foto hätte auch unter vier Augen und ohne beleidigenden Inhalt erfolgen können.
Klassenlehrer K bietet an, dass die Eltern bzw. volljährigen Schülerinnen und Schüler künftig ihre Krankmeldungen über deren Instagram-Account vornehmen können. Handelt es sich um einen praktikablen Vorschlag?
Lösung:
Nein. Personenbezogene Daten dürfen durch die Schule nicht mithilfe von Social Media-Accounts erhoben und verarbeitet werden, da diese Daten damit einem privaten Unternehmen auch zur wirtschaftlichen Verwertung übertragen werden. Es kommt hinzu, dass es sich bei der Information über eine Erkrankung um ein besonders schutzwürdiges Datum handelt. Solch sensible Informationen dürfen erst recht nicht auf amerikanischen Servern verarbeitet werden.
Möglicherweise werden diese Informationen durch den Mutterkonzern Facebook – seit 2021 Meta Platforms, Inc. – ausgewertet, verwendet und unbegrenzt gespeichert; eine Datenschutzkontrolle nach deutschem Standard ist nicht möglich. K muss daher auf dieses Angebot verzichten. Stattdessen könnte auf der Schulwebsite ein entsprechendes Formular unter Verwendung einer geschützten https-Verbindung eingerichtet werden oder die Kommunikation verschlüsselt erfolgen, beispielsweise durch das Übersenden einer verschlüsselten PDF-Datei. Informationen zur Verschlüsselung von Dateien finden Sie im Kapitel Verschlüsselung auf den Seiten des LfDI RLP.