Einstiegsfall

Einstiegsfall

Musiklehrerin M möchte einen Teil eines bekannten Musicals mit dem Schulchor und der Theatergruppe aufführen. Zu dem Konzert werden Schülerinnen und Schüler, deren Eltern und Angehörige sowie Lehrkräfte eingeladen. Der Eintritt ist kostenlos. Kann M das Schulkonzert veranstalten, ohne dass sie von der GEMA Aufführungsrechte erwerben muss?


Sachinformation

Aktuelle Meldungen

Künstlerinnen und Künstler sind in der Regel Rechtslaien. Die Verwertung ihrer Rechte übertragen sie daher häufig sogenannten Verwertungsgesellschaften, deren Hauptaufgabe es ist, die Rechte der Urheberinnen und Urheber zu verwalten und über sie zu wachen. Sie sammeln die Abgaben der Nutzerinnen und Nutzer ein und verteilen sie an die Rechteinhabenden. Geregelt ist dies im Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VerwertungsgesellschaftenG – VGG).

In Deutschland ist für den Bereich der Musik die Verwertungsgesellschaft GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) zuständig.

Obwohl das Urheberrecht für den Schulunterricht Ausnahmen bereithält, wird es im Schulalltag vorkommen, dass eine Vergütung gezahlt oder eine Genehmigung der Urheber eingeholt werden muss. Die Frage dabei ist, wann bei musikalischen Schulveranstaltungen weder GEMA-Gebühren noch eine Genehmigung fällig ist.

Nach § 60 a Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz - UrhG) ist die Präsentation von Theater- oder Musikaufführungen auch gegenüber Dritten vergütungsfrei erlaubt, sofern sie

  • nur 15% eines veröffentlichten Werkes verwendet,
  • keinem Erwerbszweck dient,
  • die Teilnehmenden ohne Entgelt zugelassen werden und
  • keine bzw. keiner der ausübenden Künstlerinnen oder Künstler eine besondere Vergütung erhält.
  • Darüber hinaus müssen sie der Präsentation des Unterrichts, von Unterrichts- oder Lernergebnissen an einer Bildungseinrichtung dienen.

Das heißt für den Einstiegsfall: Bei der Aufführung des Musicals durch Lehrerin M handelt es sich um eine schulische Aufführung von Musikwerken. Sofern bei der Aufführung nicht mehr als 15% des Werks verwendet werden, sie keinem Erwerbszweck dient, die Teilnehmenden ohne Entgelt zugelassen werden, keine bzw. keiner der ausübenden Künstlerinnen oder Künstler eine besondere Vergütung erhält und die Aufführung nach ihrer erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen (Schülerinnen und Schülern sowie deren Angehörigen) zugänglich ist, entfällt eine Vergütungspflicht (§ 60 a Abs. 1 Nr. 3 UrhG i. V. m. § 60h Abs. 2 Ziffer 1). Wenn diese Voraussetzungen alle erfüllt sind, muss Lehrerin M also keine Aufführungsrechte bei der GEMA erwerben.

Selbst wenn es sich um die Aufführung eines gesamten Werkes handelt, kann die Vergütungspflicht nach § 52 Abs. 1 S. 3 UrhG entfallen. In diesem Fall wird empfohlen, mit der GEMA Kontakt aufzunehmen und zu klären, ob auch bei dieser schulischen Veranstaltung eine Vergütungspflicht entfällt, siehe unten den Verweis unter Quellen und Links zu vergütungsfreien Veranstaltungen nach § 52 Urheberrechtsgesetz.

Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, kann gegebenenfalls auf einen Pauschalvertrag zwischen der GEMA und den kommunalen Spitzenverbänden zurückgegriffen werden, der die Wiedergabe und Vervielfältigung geschützter Musik aus dem GEMA-Repertoire zu Sonderkonditionen regelt. Ist die Gebietskörperschaft (Stadt, Gemeinde oder Landkreis), in der sich die Schule befindet, dem Pauschalvertrag beigetreten und zahlt sie 0,10 € pro Schülerin bzw. Schüler, dürfen neben den Schulen auch die SchülerInnenvertretungen und die Fördervereine Veranstalter sein. Die Veranstaltung kann außerhalb des planmäßigen Unterrichts und auch außerhalb der Schule stattfinden. Außerdem kann ein Eintrittsgeld von bis zu 2,60 € verlangt werden. Einzelheiten hierzu sind dem Pauschalvertrag zu entnehmen (siehe unter Quellen und Links). Bei Schulveranstaltungen, die sich an die Öffentlichkeit wenden, für die ein Eintrittsgeld von weniger als 2,60 € genommen wird und an denen ein Dritter, beispielsweise ein Caterer, mit Erwerbszweck teilnimmt, greift ebenfalls der Pauschalvertrag. Zu beachten ist, dass solche Veranstaltungen spätestens drei Tage, bevor sie stattfinden, bei der GEMA angemeldet werden müssen. Über die Tarife, die für solche Veranstaltungen entstehen, gibt die Webseite der GEMA Auskunft (siehe unter Quellen und Links).

Weitere Verwertungsgesellschaften

Verfasst eine Urheberin bzw. ein Urheber ein Buch, wendet sie bzw. er sich für dessen Veröffentlichung, die Verwertung und Verbreitung an einen Verlag, der diese Rechte für sie bzw. ihn wahrnimmt. Darüber hinaus ist für die Verwertung von Texten die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) zuständig. Die Gesellschaft schließt mit der Autorin bzw. dem Autor einen Vertrag, nach dem sie berechtigt ist, Rechte der Autorin bzw. des Autors wahrzunehmen. Sie erhält von den Nutzerinnen und Nutzern Gebühren, die sie nach einem bestimmten Schlüssel an die Autoren verteilt.

Für die Verwertung von Bildern und teilweise auch von Fotografien ist die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) zuständig. Die Rechte von ausübenden Künstlerinnen und Künstlern, aber auch der Tonträgerherstellenden nimmt dagegen die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) wahr. Im Übrigen bestehen diverse andere Filmverwertungsgesellschaften.

Zu Veröffentlichungen von Aufführungen über Videoplattformen wie YouTube und die Urheberrechtsreform siehe Baustein 3.4 - Blogs, Schulwikis, Soziale Medien.

Vergütungsansprüche für die Vermietung von Ton- und Bildträgern sowie den Verleih von Werken, beispielsweise durch öffentliche Bibliotheken, können nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt für die in den §§ 54 und 54a UrhG vorgesehenen „Geräteabgaben“ und „Betreiberabgaben“. So ist im Kaufpreis eines Smartphones nun auch eine Geräteabgabe für die ZPÜ (Zentralstelle für private Überspielungsrechte) enthalten. Die bei der GEMA angesiedelte Zentralstelle sammelt die Urheberabgaben auf Geräte und Leermedien, mit denen sich urheberrechtlich geschützte Werke vervielfältigen lassen, und verteilt sie an die Rechteinhabenden.

Die wichtigsten Verwertungsgesellschaften (VG) sind:

  • die GEMA für Komponisten, Textdichter und Musikverleger,
  • die VG Wort für Wissenschaftler, Literaten und Übersetzer,
  • die VG Bild-Kunst für Designer, Fotografen und Bildagenturen,
  • die VG Musikedition,
  • die VFF Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten mbH,
  • die GWFF Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten mbH,
  • die VGF Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH,
  • die GÜFA Gesellschaft zur Übernahme und Wahrung von Filmaufführungsrechten mbH und
  • die GVL Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH.

Gesetze und Vorschriften

Aktualisierte Inhalte

Hier finden Sie Links zu allen Gesetzen und Vorschriften, die für Baustein 5.3 - GEMA-Gebühren - relevant sind.

§§ 1 ff. VGG - Begriffsbestimmungen

§ 52 UrhG – Öffentliche Wiedergabe

§ 60a UrhG – Unterricht und Lehre

§ 60h UrhG – Angemessene Vergütung der gesetzlich erlaubten Nutzungen

§ 54 UrhG – Vergütungspflicht

§ 54a UrhG – Vergütungshöhe


Quellen und Links

Quellen und Links

Hier finden Sie eine Übersicht über die in Baustein 5.3 - GEMA-Gebühren - verwendeten Quellen und weiterführende Links.

Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen aus der öffentlichen Zugänglichmachung und der öffentlichen Wiedergabe nach § 60 a UrhG für Nutzungen an Schulen vom 19.12.2019
Abrufbar unter lokaler Download

Informationen der GEMA über Musiknutzung bei kulturellen Angeboten
Abrufbar unter https://www.gema.de/de/w/musiknutzung-zur-besinnlichen-jahreszeit-wann-muss-die-veranstaltung-bei-der-gema-angemeldet-werden-

Informationen der GEMA über vergütungsfreie Veranstaltungen nach §52 Urheberrechtsgesetz
Abrufbar unter https://www.gema.de/musiknutzer/musik-lizenzieren/schule-volkshochschule-bibliothek-museum/#c92

Informationen über die VG für Texte und Dokumente
Abrufbar unter http://www.vgwort.de/

Informationen über die VG für den Bereich Musik
Abrufbar unter http://www.gema.de/

Informationen über die VG für den Bereich Design und Foto
Abrufbar unter http://www.bildkunst.de

Website der VG Musikedition
Abrufbar unter https://www.vg-musikedition.de

Artikel „Verwertungsgesellschaften und Pauschalvergütung“ von Valie Djordjevic auf den Seiten der bpb
Abrufbar unter https://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/urheberrecht/169979/verwertungsgesellschaften-und-pauschalverguetung


Weitere Fallbeispiele

Weitere Fallbeispiele

Hier finden Sie zu Baustein 5.3 - GEMA-Gebühren - passende Fallbeispiele.

Das Tanz-Video eines südafrikanischen Künstlers erfährt ungeahnte Popularität und wird von Millionen Menschen nachgetanzt und veröffentlicht. Lehrer A möchte mit seinen Schülerinnen und Schülern in der Medien-AG an einer Tanz-Challenge zu dem Song teilnehmen und das Video auf die Schulhomepage stellen. Die Schülerinnen und Schüler sollen zu einer bestimmten Choreografie tanzen und das Ganze wird mit dem Song untermalt. Ist seine Vorgehensweise zulässig?

Lösung:

Nein! Urheberrechtlich gesehen muss Lehrer A sicherstellen, dass durch das Video keine Urheberrechte und Leistungsschutzrechte verletzt werden. Der Künstler des Songs oder seine Produktionsfirma hat die Verwertungsrechte an seinem Werk (§§ 15 ff. UrhG). Nur sie sind berechtigt, es auch öffentlich wiederzugeben. Ausnahmen hierfür gelten nur, sofern der Autor vor 70 Jahren verstorben ist bzw. wenn lediglich Zitate verwendet werden oder - seit Juni 2021 - wenn es sich nur um einen Ausschnitt von 15 Sekunden handelt. Dies ist hier nicht der Fall, denn hier wird die gesamte Choreografie verwendet und die Künstler leben noch. Bei der Verwendung von aktuellen Musikstücken ist zu beachten, dass der Interpret nicht in jedem Fall auch der alleinige Urheber des Stückes ist. Es spielen gleichermaßen die Verwertungsrechte des Urhebers, also des Komponisten, als auch die Rechte des Leistungsberechtigten, des Interpreten (§§ 73 ff. UrhG), eine Rolle. Lehrer A muss die benötigten Nutzungsrechte, hier die Vervielfältigung und die öffentliche Zugänglichmachung, von den Verlagen bzw. den Verwertungsgesellschaften, hier der GVL und der GEMA, erwerben. Ihm ist zu empfehlen, für seine Medien-AG auf gemeinfreie Werke zurückzugreifen. Alternativ könnte er ebenfalls Werke verwenden, die bereits unter einer OER veröffentlicht wurden. Dies hätte den Vorteil, dass die Nutzung gestattet wäre. Weiterhin sollte A beachten, dass die beteiligten Schülerinnen und Schüler durch die eigenständige Produktion ebenfalls zu Leistungsberechtigten werden und einer Veröffentlichung – eventuell vertreten durch die Eltern – zustimmen müssen.

Die Absolventinnen und Absolventen einer Schule sollen feierlich verabschiedet werden. Die Feier soll in der Turnhalle stattfinden, die Schülerband wird für die musikalische Untermalung sorgen, ein Eintritt wird nicht genommen. Es sollen Reden gehalten werden und ein Film über die Schülerinnen und Schüler gezeigt werden. Lehrerin B fragt sich, ob hierfür GEMA-Gebühren anfallen.

Lösung:

Nein, es fallen keine GEMA-Gebühren an. Die Veranstaltung ist gem. § 52 Abs. 1 S. 1 UrhG zulässig, da sie keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient, die Teilnehmenden ohne Entgelt zugelassen werden und auch die Künstler keine Vergütung erhalten. Die Vergütungspflicht gegenüber der GEMA entfällt, da es sich nach § 52 Abs. 1 S. 3 UrhG um eine Schulveranstaltung handelt, die nach ihrer Zweckbestimmung nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist.