Nachteilsausgleich
Es gibt nicht DEN Nachteilsausgleich.
Es sind immer individuelle Entscheidungen zu treffen.
Die individuelle Auseinandersetzung mit dem Nachteilsausgleich ist wichtig, ...
... um allen Schülerinnen und Schülern gleiche Chancen auf Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. Das Selbstbewusstsein wird gestärkt, indem der Nachteilsausgleich diesen ermöglicht, ihre Fähigkeiten im zielgleichen Unterricht unabhängig von Beeinträchtigungen zu entfalten und auszuschöpfen.
… um als Lehrkraft die Gewissheit zu haben, meinen Schülerinnen und Schülern in ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, die zielgleich unterrichtet werden können.
… weil Kinder und Jugendliche damit schon in der Schulzeit erfahren können, dass Barrierefreiheit ein grundlegendes Recht aller Menschen darstellt und jeder, auch im schulischen Kontext, mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten wahrgenommen wird.
Rechtliche Grundlage
Schulordnung für den inklusiven Unterricht an öffentlichen Schulen:
§§ 16, 17, 18, 19, 20, 21
Grundsätze des Nachteilsausgleichs (§ 16 InSchO)
(1) Alle Lehrkräfte berücksichtigen bei der Gestaltung des Unterrichts und bei Leistungsfeststellungen die besonderen Belange von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen; diesen sind zum Ausgleich von behinderungsbedingten Auswirkungen auf schulische Teilhabe die erforderlichen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs zu gewähren, damit sie gleichberechtigt im Unterricht mitarbeiten und ihre Leistungsfä-
higkeit zeigen können (§ 3 Abs. 5 SchulG).
(2) Der Anspruch auf Gewährung von Nachteilsausgleich gilt auch für Abschlussprüfungen an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und wird bei diesen Prüfungen gemäß der Abiturprüfungsordnung vom 21. Juli 2010 (GVBl. S. 222, BS 223-1-12) und der Prüfungsordnung für die berufsbildenden Schulen vom 29. April 2011 (GVBl. S. 108, BS 223-1-36) in ihrer jeweils geltenden Fassung gewährt.
Begriffsbestimmung (§17 InScho)
Nachteilsausgleich sind alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen, die es Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen ermöglichen, Zugang zum Unterricht, zu Leistungsfeststellungen und Prüfungen zu finden und ihr tatsächliches Leistungsvermögen nachzuweisen, ohne dass die Lernanforderungen reduziert werden und von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbeurteilung abgewichen wird.
Verfahren (§18 InScho)
(1) Bei der Gestaltung des Unterrichts und bei Leistungsfeststellungen ist es dauernde Aufgabe aller Lehrkräfte, die möglichen Auswirkungen einer Behinderung in den Blick zu nehmen und die erforderlichen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs zu gewähren. Dabei sind die Auswirkungen einer Behinderung im jeweiligen schulischen Kontext und bezogen auf den Einzelfall zu betrachten, nicht die Behinderungen nach ihrer Art und ihren Symptomen. Die Notwendigkeit eines gewährten Nachteilsausgleichs ist regelmäßig zu überprüfen.
(2) Bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Behinderung auf schulisches Lernen holt die Schule sonderpädagogische Beratung durch Förderschullehrkräfte der Schule oder durch das Förder- und Beratungszentrum ein.
(3) Beantragen die Eltern oder die volljährige Schülerin oder der volljährige Schüler die Gewährung von Nachteilsausgleich, so ist dies zu begründen und die Behinderungen und ihre Auswirkungen sind glaubhaft zu machen. In diesen Fällen kann die Schule die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangen.
- Maßnahmen des Nachteilsausgleichs (§19 InScho)
(1) Zu den Maßnahmen des Nachteilsausgleichs gehören insbesondere die Anpassung äußerer Rahmenbedingungen, behinderungsspezifische pädagogische Maßnahmen sowie methodisch-didaktische Konzepte.
(2) Unter der Voraussetzung, dass die Chancengleichheit der Mitschülerinnen und Mitschüler gewahrt bleibt, können erforderlichenfalls auch Ersatzleistungen vorgesehen werden, die es der Schülerin oder dem Schüler mit Behinderungen ermöglichen, die gleichen Anforderungen in anderer Weise zu erbringen.
- Gewährung (§20 InScho)
(1) Zu den Maßnahmen des Nachteilsausgleichs gehören insbesondere die Anpassung äußerer Rahmenbedingungen, behinderungsspezifische pädagogische Maßnahmen sowie methodisch-didaktische Konzepte.
(2) Unter der Voraussetzung, dass die Chancengleichheit der Mitschülerinnen und Mitschüler gewahrt bleibt, können erforderlichenfalls auch Ersatzleistungen vorgesehen werden, die es der Schülerin oder dem Schüler mit Behinderungen ermöglichen, die gleichen Anforderungen in anderer Weise zu erbringen.
- Dokumentation (§21 InScho)
Die Grundsätze, nach denen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs gewährt werden, werden dokumentiert; die Eltern oder die volljährige Schülerin oder der volljährige Schüler erhalten eine Ausfertigung. Der Nachteilsausgleich wird nicht auf dem Zeugnis vermerkt.
Schulgesetz:
§ 3 Abs. 5
Ergänzende rechtliche Grundlagen
Wegen der besonderen Bedeutung ist dieser Grundsatz auch in den Schulordnungen für die einzelnen Schularten sowie in Prüfungsordnungen (vgl. Abiturprüfungsverordnung und Prüfungsordnung für die berufsbildenden Schulen) enthalten.
Ein Nachteilsausgleich ist - wenn erforderlich - in allen Schulstufen, in allen Fächern und bei allen Prüfungen zu gewähren, damit also ein Handlungsfeld für Lehrkräfte aller Schularten.
Diese legen unter folgenden Grundsätzen die entsprechenden, individuellen Maßnahmen fest:
- Ein Nachteilsausgleich soll die betroffenen Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, die geforderte Leistung zu erbringen und sie nicht von der Leistung befreien.
- Der Nachteilsausgleich soll vielmehr Zugänge zu zielgleichen Fachinhalten und Aufgaben auf andere Weisen ermöglichen.
- Eine Reduzierung der Lernanforderungen oder ein Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbeurteilung ist nicht zulässig.
- Ein Nachteilsausgleich verändert also nicht das fachliche Anforderungsniveau.
- Der Nachteilsausgleich hat daher keine Auswirkungen auf die Note.
- Der Nachteilsausgleich gilt in Unterrichts- und auch in Prüfungssituationen.
Der Nachteilsausgleich wird nicht im Zeugnis vermerkt.
Ein (teilweiser) Verzicht auf Leistungsbeurteilung oder das Aussetzen von Noten in einzelnen Fächern/Lernbereichen gehört nicht zum Nachteilsausgleich.
WIE?
Verfahren
Wer kann einen Nachteilsausgleich erhalten?
Auch wenn der Begriff "Nachteilsausgleich" aus § 126 SGB IX stammt: im Schulbereich ist die Feststellung einer Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch nicht maßgeblich. Schule legt den offenen an Teilhabe orientierten Behinderungsbegriff der UN-Behindertenrechtskonvention zu Grunde (siehe §5 InSchO). Dementsprechend sind unter Nachteilsausgleich in der Schule alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen zu verstehen, die es Schülerinnen und Schülern mit Behinderung ermöglichen Zugang zum Unterricht, zu Leistungsfeststellungen und Prüfungen zu finden. Mit Hilfe des Nachteilsausgleiches sollen sie dann ihr tatsächliches Leistungsvermögen nachweisen können, ohne dass die Lernanforderungen reduziert werden und von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbeurteilung abgewichen wird.
Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, die …
- körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen
- Beeinträchtigungen der Sprach- und Kommunikationsentwicklung,
- chronische Erkrankungen oder Lernstörungen
- besondere Unterstützungsbedarfe im schulischen Lernen
haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Dies können Schülerinnen und Schüler mit oder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf sein.
Wer ist zuständig?
„Jede Schulart und jede Schule ist der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler verpflichtet.“ (§ 10 Abs. 1 SchulG)
„Bei der Gestaltung des Unterrichts und bei Leistungsfeststellungen ist es dauernde Aufgabe aller Lehrkräfte, die möglichen Auswirkungen einer Behinderung in den Blick zu nehmen und die erforderlichen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs zu gewähren. Dabei sind die Auswirkungen einer Behinderung im jeweiligen schulischen Kontext und bezogen auf den Einzelfall zu betrachten, nicht die Behinderungen nach ihrer Art und ihren Symptomen." (§ 18 Abs. 1 InSchO)
Alle in der Klasse unterrichtenden Lehrkräfte entscheiden im Benehmen mit den Eltern oder den volljährigen Schülerinnen und Schülern die Kriterien, nach denen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs für eine Schülerin oder einen Schüler festgelegt werden. Schülerinnen und Schüler sind in geeigneter Weise einzubeziehen. Sie können zudem eine Person ihres Vertrauens hinzuziehen. Die Entscheidung über die erforderlichen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei der Gestaltung des Unterrichts und bei der Leistungsfeststellung trifft die unterrichtende Lehrkraft. Die Klassen- oder Fachkonferenz für das jeweilige Fach kann zur Beratung einbezogen werden. Es besteht keine Notwendigkeit, dass Eltern oder volljährige Schülerinnen und Schüler den Nachteilsausgleich formal beantragen. Außer in den Abschlussprüfungen ist dies kein Antragstatbestand.
Ein Antrag mit ärztlicher Bescheinigung ist nur dann notwendig, wenn ein Nachteil geltend gemacht werden soll, den die Schule nicht erkennen kann. Dieser ist dann zu begründen und die Behinderung und ihre Auswirkungen glaubhaft zu machen. Die Schule kann hier die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangen. Über den Antrag entscheidet auch hier die Klassenkonferenz.
In der gymnasialen Oberstufe und in der berufsbildenden Schule sollte im Hinblick auf die Abschlussprüfungen eine Kontinuität in den Arbeitsmethoden und somit auch im Nachteilsausgleich gegeben sein. Zwar ist der Nachteilsausgleich nur für die Prüfungen zu beantragen, es sollte aber frühzeitig das Gespräch zwischen den Schülerinnen und Schülern und deren Stammkursleitung oder / und der MSS Leitung geführt werden. Weitere Hinweise für die Beantragung des Nachteilsausgleichs in der Abiturprüfung sind immer aktuell auf der Seite der MSS (http://mss.rlp.de/rechtsgrundlagen) zu finden.
Dokumentation
Die vereinbarten Maßnahmen werden in der Schülerakte dokumentiert, die Eltern erhalten eine Ausfertigung. Die Notwendigkeit eines gewährten Nachteilsausgleichs ist regelmäßig zu überprüfen. Die dokumentierten Kriterien und Maßnahmen gehören zu den notwendigen Daten, die bei Schulwechsel auf Anforderung der aufnehmenden Schule zu übermitteln sind.
Maßnahmen des Nachteilsausgleiches - Beispiele aus der Praxis
Zu den Maßnahmen des Nachteilsausgleichs gehören insbesondere die Anpassung äußerer Rahmenbedingungen (z.B. Zeit, Organisation, Hilfsmittel), behinderungsspezifische pädagogische Maßnahmen (z.B. spezifisch gestaltete Arbeitsblätter bzgl. Schriftgröße oder der Gliederung des Textes, verständliche Lehrersprache, Textoptimierung bei Hörschädigung, personelle Unterstützung bei Unterstützter Kommunikation) oder entsprechende methodisch-didaktische Konzepte (Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten, Verständnishilfen und zusätzliche Erläuterungen, andere Lernwege). Ebenso können durch Ersatzleistungen gleiche Anforderungen erbracht werden, sofern die Chancengleichheit der Mitschülerinnen und Mitschüler gewahrt bleibt. Sie finden weitere Beispiele unter den im Folgenden aufgeführten Links. Bitte beachten Sie dabei:
„Es gibt nicht DEN Nachteilsausgleich. Es sind immer individuelle Entscheidungen zu treffen.“
Für individuelle Beratung z. B. bei Blindheit / Sehbehinderung oder Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit stehen die Förder- und Beratungszentren Förder-und Beratungszentren (FBZ) zur Verfügung. Beratung und Informationen zu Schülerinnen und Schüler im Autismus-Spektrum können Sie über die Autismus-Beratung bekommen - allgemeine Informationen finden Sie hier.
Wichtige Hinweise
Für Hinweise zur Unterscheidung zwischen Nachteilsausgleich und der Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbeurteilung klicken Sie bitte hier.
Erläuterungen und Anregungen zu Formen des Nachteilsausgleichs für Schülerinnen und Schüler...
- bei Blindheit / Sehbehinderung
- bei Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit
- bei Autismus oder einer Diagnose im Autismus-Spektrum
- bei Lernschwierigkeiten und sogenannten Lernstörungen
Hinweis Bescheinigung:
Wenn eine Schülerin oder ein Schüler eine Bescheinigung über eine Lese-Rechtschreibschwäche oder eine andere Beeinträchtigung vorgelegt hat und Nachteilsausgleich gewährt wird, muss diese Bescheinigung nicht in jedem Jahr neu verlangt werden. Die Lehrkräfte verfügen über eine ausreichende Expertise, um zu beurteilen, ob der Nachteilsausgleich weiterhin notwendig ist.