Nachteilsausgleich
Die individuelle Auseinandersetzung mit dem Nachteilsausgleich ist wichtig, ...
... um allen Schülerinnen und Schülern gleiche Chancen auf Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. Das Selbstbewusstsein wird gestärkt, indem der Nachteilsausgleich diesen ermöglicht, ihre Fähigkeiten im zielgleichen Unterricht unabhängig von Beeinträchtigungen zu entfalten und auszuschöpfen.
… um als Lehrkraft die Gewissheit zu haben, meinen Schülerinnen und Schülern in ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, die zielgleich unterrichtet werden können.
… weil Kinder und Jugendliche damit schon in der Schulzeit erfahren können, dass Barrierefreiheit ein grundlegendes Recht aller Menschen darstellt und jeder, auch im schulischen Kontext, mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten wahrgenommen wird.
Rechtliche Grundlage
Schulordnung für den inklusiven Unterricht an öffentlichen Schulen:
§§ 16, 17, 18, 19, 20, 21
Begriffsbestimmung (§17 InScho)
Auch wenn der Begriff "Nachteilsausgleich" aus § 126 SGB IX stammt: im Schulbereich ist die Feststellung einer Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch nicht maßgeblich. Schule legt den offenen an Teilhabe orientierten Behinderungsbegriff der UN-Behindertenrechtskonvention zu Grunde (siehe §5 InSchO). Dementsprechend sind unter Nachteilsausgleich in der Schule alle notwendigen und geeigneten Maßnahmen zu verstehen, die es Schülerinnen und Schülern mit Behinderung ermöglichen Zugang zum Unterricht, zu Leistungsfeststellungen und Prüfungen zu finden. Mit Hilfe des Nachteilsausgleiches sollen sie dann ihr tatsächliches Leistungsvermögen nachweisen können, ohne dass die Lernanforderungen reduziert werden und von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbeurteilung abgewichen wird.Grundsätze des Nachteilsausgleichs (§ 16 InSchO)
„Bei der Gestaltung des Unterrichts und bei Leistungsfeststellungen sind die besonderen Belange von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen zu berücksichtigen und ihnen der zum Ausgleich ihrer Behinderung erforderliche Nachteilsausgleich zu gewähren.“
Schulgesetz:
§ 3 Abs. 5
Erläuterung
Wegen der besonderen Bedeutung ist dieser Grundsatz auch in den Schulordnungen für die einzelnen Schularten sowie in Prüfungsordnungen (vgl. Abiturprüfungsverordnung und Prüfungsordnung für die berufsbildenden Schulen) enthalten.
Ein Nachteilsausgleich ist - wenn erforderlich - in allen Schulstufen, in allen Fächern und bei allen Prüfungen zu gewähren, damit also ein Handlungsfeld für Lehrkräfte aller Schularten.
Diese legen unter folgenden Grundsätzen die entsprechenden, individuellen Maßnahmen fest:
Eine Reduzierung der Lernanforderungen oder ein Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbeurteilung ist nicht zulässig.
Der Nachteilsausgleich hat daher keine Auswirkungen auf die Note.
Der Nachteilsausgleich gilt in Unterrichts- und auch in Prüfungssituationen.
Ein Nachteilsausgleich verändert nicht das fachliche Anforderungsniveau.
Der Nachteilsausgleich soll vielmehr Zugänge zu zielgleichen Fachinhalten und Aufgaben auf andere Weisen ermöglichen.
Der Nachteilsausgleich wird daher nicht im Zeugnis vermerkt.
Ein Nachteilsausgleich soll die betroffenen Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, die geforderte Leistung zu erbringen und sie nicht von der Leistung befreien.
Ein (teilweiser) Verzicht auf Leistungsbeurteilung oder das Aussetzen von Noten in einzelnen Fächern/Lernbereichen gehört nicht zum Nachteilsausgleich.
Verfahren
Wer kann einen Nachteilsausgleich erhalten?
Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, die …
- körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen
- Beeinträchtigungen der Sprach- und Kommunikationsentwicklung,
- chronische Erkrankungen oder [—> Lernstörungen (Verweis auf VV Grundschule, Grundlage andere Schulformen)],
- besondere Unterstützungsbedarfe im schulischen Lernen
haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Dies können Schülerinnen und Schüler mit oder ohne sonderpädagogischen Förderbedarf sein.
Wer ist zuständig?
„Jede Schulart und jede Schule ist der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler verpflichtet.“ (§ 10 Abs. 1 SchulG)
„Bei der Gestaltung des Unterrichts und bei Leistungsfeststellungen ist es dauernde Aufgabe aller Lehrkräfte, die möglichen Auswirkungen einer Behinderung in den Blick zu nehmen und die erforderlichen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs zu gewähren. Dabei sind die Auswirkungen einer Behinderung im jeweiligen schulischen Kontext und bezogen auf den Einzelfall zu betrachten, nicht die Behinderungen nach ihrer Art und ihren Symptomen." (§ 18 Abs. 1 InSchO)
Alle in der Klasse unterrichtenden Lehrkräfte und somit die Klassenkonferenz entscheiden im Benehmen mit den Eltern oder den volljährigen Schülerinnen und Schülern die Kriterien, nach denen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs für eine Schülerin oder einen Schüler festgelegt werden. Schülerinnen und Schüler sind in geeigneter Weise einzubeziehen. Sie können zudem eine Person ihres Vertrauens hinzuziehen. Die Entscheidung über die erforderlichen Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei der Gestaltung des Unterrichts und bei der Leistungsfeststellung trifft die unterrichtende Lehrkraft. Die Klassen- oder Fachkonferenz für das jeweilige Fach kann zur Beratung einbezogen werden. Es besteht keine Notwendigkeit, dass Eltern oder volljährige Schülerinnen und Schüler den Nachteilsausgleich formal beantragen. Außer in den Abschlussprüfungen ist dies kein Antragstatbestand.
Ein Antrag mit ärztlicher Bescheinigung ist nur dann notwendig, wenn ein Nachteil geltend gemacht werden soll, den die Schule nicht erkennen kann. Dieser ist dann zu begründen und die Behinderung und ihre Auswirkungen glaubhaft zu machen. Die Schule kann hier die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangen. Über den Antrag entscheidet auch hier die Klassenkonferenz.
Dokumentation
Die vereinbarten Maßnahmen werden in der Schülerakte dokumentiert, die Eltern erhalten eine Ausfertigung. Die Notwendigkeit eines gewährten Nachteilsausgleichs ist regelmäßig zu überprüfen. Die dokumentierten Kriterien und Maßnahmen gehören zu den notwendigen Daten, die bei Schulwechsel auf Anforderung der aufnehmenden Schule zu übermitteln sind.
Maßnahmen des Nachteilsausgleiches - Beispiele aus der Praxis
Zu den Maßnahmen des Nachteilsausgleichs gehören insbesondere die Anpassung äußerer Rahmenbedingungen (z.B. Zeit, Organisation, Hilfsmittel), behinderungsspezifische pädagogische Maßnahmen (z.B. spezifisch gestaltete Arbeitsblätter bzgl. Schriftgröße oder der Gliederung des Textes, verständliche Lehrersprache, Textoptimierung bei Hörschädigung, personelle Unterstützung bei Unterstützter Kommunikation) oder entsprechende methodisch-didaktische Konzepte (Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten, Verständnishilfen und zusätzliche Erläuterungen, andere Lernwege). Ebenso können durch Ersatzleistungen gleiche Anforderungen erbracht werden, sofern die Chancengleichheit der Mitschülerinnen und Mitschüler gewahrt bleibt.
„Es gibt nicht DEN Nachteilsausgleich. Es sind immer individuelle Entscheidungen zu treffen.“
Für individuelle Beratung stehen die Förder- und Beratungszentren Förder-und Beratungszentren (FBZ) zur Verfügung. Beratung und Informationen zu Schülerinnen und Schüler im Autismus-Spektrum können Sie über die Autismus-Beratung bekommen - allgemeine Informationen finden Sie hier.
Praxisorientierte Fortbildungen sind im Angebot des Pädagogischen Landesinstituts Paedagogisches Landesinstitut : Bildungsserver Rheinland-Pfalz (rlp.de) zu finden.