Good Practice Beispiele
POSITIVE FEHLERKULTUR
In einem kompetenzorientierten Unterricht werden Fehler als Lernchance geschätzt und eine fehlerfreundliche Atmosphäreaufgebaut. Schülerinnen und Schülern wird vermittelt, dass Sie in Ihrem Unterricht Fehler machen dürfen und sollen, denn diese gehören zu jedem Lernen dazu.
Fehler haben hohen diagnostischen Wert für die Lehrkraft, denn sie geben Auskunft darüber, wie ein Kind denkt, welche Strategien es anwendet und welche Kompetenzen als nächstes gefördert werden können. Darüber hinaus bieten Sie wertvolle Gesprächsanlässe mit einzelnen Schülerinnen und Schülern sowie innerhalb einer Lerngruppe. Lernende entwickeln Einsichten in die Bedeutung von Fehlern und erleben sich selbstwirksam, wenn Sie selbst entschlüsseln, was sie falsch gemacht haben und wenn sie daraus resultierende Anforderungen wie Üben, Wiederholen, Überarbeiten, Anwenden bewältigt haben.
Vorbereitung
Im inklusiven Unterricht werden Sie als Lehrkraft vermutlich schon mal über die ganz verschiedenen Stärken und Talente von Menschen gesprochen haben. In Bezug auf Fehler können Sie daran anknüpfen und mit den Kindern oder Jugendlichen besprechen, welche Bedeutung diese im Leben und beim Lernen haben. Es hilft beim Aufbau einer positiven Fehlerkultur, wenn klar wird, dass auch die Lehrerin oder der Lehrer manchmal Fehler macht.
Gemeinsam mit der Klasse können Sie eine passende Klassenregel zu formulieren. Zum Beispiel: „Fehler sind erlaubt und gehören zum Lernen dazu.“ Mit Hilfe von konkreten Beispielen kann geklärt werden, woran zu merken ist, dass die Klasse diese Regel umsetzt. Sicher haben die Schülerinnen und Schüler schon einige eigene Erfahrungen mit dem Thema „Fehler“ gemacht.
Durchführung
Gemäß dem Orientierungsrahmen für Schulqualität sorgen Lehrkräfte zum einen für eine „angstfreie Lernatmosphäre“ und „ermutigen Schülerinnen und Schüler, bei Schwierigkeiten nicht aufzugeben.“ Sie schaffen „Möglichkeiten, Vertrauen in die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu entwickeln.“ Dazu gehört auch, Fehler als notwendige Schritte auf dem Lern- und Entwicklungsweg anzuerkennen und offen und positiv mit solchen umzugehen.
Dies schließt auch Sie als Lehrkraft nicht aus. Lehrkräfte holen Sie sich selbst das Feedback ihrer Schülerinnen und Schüler ein, indem Sie zum Beispiel um „Rückmeldungen zur Unterrichtsgestaltung“ bitten (Aufbau einer Feedback- und Beteiligungskultur“). (vgl. Ministerium für Bildung RLP 2017, S. 6-7)
Methoden, die eine positive Fehlerkultur im inklusionsorientierten Unterricht fördern können:
Naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen (Vermuten, Beobachten, Beschreiben und eventuell korrigieren)
Mathe Konferenzen
Knobeleien, die Versuch und Irrtum erfordern (zum Beispiel FERMI Aufgaben)
Strategiegespräche („Wie bist du darauf gekommen?“)
Schreibkonferenzen
Konstruktive Feedback-Kultur
Portfolio-Arbeit
Reflexionsgespräche
Hinweise:
Insbesondere bei Schülerinnen und Schülern mit einer Lernbiografie, die von Misserfolgen geprägt ist oder bei Kindern und Jugendlichen, die sich selten als selbstwirksam erleben konnten, kann es einige Zeit dauern, bis sie sich auf eine positive Fehlerkultur einlassen können. Es ist möglich, dass sie wenig eigene Erfolge erwarten oder diese externen Bedingungen zuschreiben. Gerade für diese Lernenden liegt aber eine große Chance im hier beschriebenen positiven Fehlerverständnis.
Beim Thematisieren von Fehlern ist das emotionale Entwicklungsalter von Schülerinnen und Schülern zu berücksichtigen und abzuwägen, in welchem Umfang und mit welchem Ziel Fehler angesprochen werden. In bestimmten Entwicklungsphasen bzw. bei bestimmten kognitiven Voraussetzungen kann es zu einer hohen Identifikation mit dem persönlichen Produkt kommen und eine Trennung sachbezogener Kritik und Kritik an der eigenen Person erschwert sein.
Wenn Fehler in einer Lerngruppe besprochen werden darf keine Schülerin und kein Schüler sich beschämt fühlen. Für eine gemeinsame Fehleranalyse kann die Lehrkraft Beispiele selbst konstruieren.
Beispiele:
Konkret kann das Beispiel Entwicklungsportfolio zu einem positiven Fehlerverständnis beitragen. Hier werden Arbeiten zu Beginn eines Themas, aus dem Prozess und zum Abschluss eines Themas ausgewählt und bewusst vergleichend reflektiert. Beispielsweise zum Kompetenzbereich „Texte verfassen“ im Deutschunterricht. Im Portfolio legt die Schülerin oder der Schüler nicht nur die finale Fassung ab, die nach mehrmaliger Korrektur und Überarbeitung entstanden ist. Auch den ersten Entwurf mit allen Rechtschreib- und Grammatikfehlern, die Zwischenprodukte, Notizen aus der Schreibkonferenz usw. werden hinzugefügt. Sie spiegeln neben den fachlichen Kompetenzen auch Fähigkeiten wie Ausdauer, Kritikfähigkeit und Methodenkompetenz wider. Die Lehrkraft kann bei der Leistungsbewertung auch den Prozess wertschätzen und hat ein viel umfassenderes Bild von den Kompetenzen der Schülerin oder des Schülers als sie es bei einer Momentaufnahme wie der Klassenarbeit „Aufsatz“ hat.
Beispiele für die Praxis
Fehlerkultur im Mathematikunterricht
Gute Beispiele und Anregungen zu einem positiven Fehlerverständnis finden Sie unter den folgenden Links. Auch wenn es darin um Mathematikunterricht geht, sind die Aussagen ebenso auf andere Fächer übertragbar. Die Materialien wurden erstellt vom PIKAS-Team für das Deutsche Zentrum für Lehrerbildung Mathematik (DZLM).
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